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Aktionsform

Tagebuch schreiben

 Infobox

Lernziel Kopf, Herz
Konkretisierung sprachlich, bildhaft
Aktivierung erarbeitend
Sozialform Einzelarbeit
Lernphase Integrieren, Auswerten
Material/ Medien vorhandenes oder neu angelegtes Tagebuch
Verwandte Brief an mich selbst, E-Portfolio, Fragebogen, Graffiti, Texte schreiben, Blog schreiben
Teilnehmerzahl bis 40
Zeit 15-60 Min.
Die TN notieren, malen oder kleben persönliche Ergebnisse und Erlebnisse der Veranstaltung in eine Art Buch oder auf gebundene Blätter. Das Dokument bleibt privat und vertraulich. Nur in der Variante Weblog wird eine Teilöffentlichkeit hergestellt.

1. Einsatzmöglichkeiten

2. So wird’s gemacht

Variante 1: Tagesbilanz


Beispiel: Tagesauswertung durch Satzergänzung (Geißler 2005b)
1. Mir war heute sehr hilfreich, dass
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2. Es wäre heute wichtig gewesen, wenn
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3. Ich empfand Langeweile, als
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4. Für mich war besonders interessant, dass
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5. Ich fühlte mich abgehängt, weil
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6. Ich war froh, dass
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Variante 2: Tagebuch als „Bildkalender“

An jedem Kurstag malen die TN jeweils ein Bild zum wichtigsten Erlebnis des Tages in ein Segment eines Blattes (Bild malen).

Variante 3: Tagebuch als „Lerntagebuch“

Das Lerntagebuch bietet sich vor allem bei Seminarreihen an, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Es wird im Seminar eingeführt und begleitet, gleichzeitig kann es im Sinne des selbstorganisierten Lernens als zentrales Medium dienen, um z.B. konkrete Situationen im Arbeitsalltag aufzuführen, zu verarbeiten und ggf. im Seminar im Rahmen einer Fallbesprechung durchzuführen. Des Weiteren kann das Lerntagebuch u.a. Teilnehmer- und Dozentenlisten, grundlegende Informationen zur Gesamtorganisation und Terminplanung enthalten. In diesem Sinne stellt das Lerntagebuch einen wichtigen Lernbegleiter dar.

Variante 4: Tagebuch als Weblog (Blog)

Über eine Online-Plattform (E-Learning) kann das Tagebuch in Form eines Weblogs (Blog) geführt werden. Damit eröffnen sich weitere Einsatzmöglichkeiten: Das Tagebuch kann gemeinschaftlich entwickelt werden; TN, SL und ggf. andere Personen können Einträge kommentieren, multimediale Elemente (Fotos machen, Video drehen) veranschaulichen die Inhalte bzw. verschaffen einen besonderen emotionalen Zugang.
Ein Weblog ist vor allem dann wirkungsvoll, wenn er über eine längere Seminarreihe die Ereignisse aus der Perspektive der TN chronologisch dokumentiert. Es ist hier besonders wichtig, dass Sie als SL vorab verdeutlichen, in welcher Form und mit welchem didaktischen Zweck der Blog verwendet werden soll. Manche TN haben Vorbehalte gegenüber dem Medium. Nehmen Sie diese Vorbehalte ernst, sorgen Sie für Transparenz, insbesondere hinsichtlich der Privatheit bzw. Öffentlichkeit. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, indem Sie z.B. selbst regelmäßig Einträge schreiben.
Der Weblog kann auf einer Onlineplattform eingerichtet und mit unterschiedlichen Zugriffsrechten versehen werden. So sind die verschiedenen Szenarien mit unterschiedlichen Graden an Privatheit bzw. Öffentlichkeit verbunden:

3. Didaktisch-methodische Hinweise

Das private Schreiben in Seminaren hat zwei große Vorzüge:
  1. Schreiben unterstützt die Reflexion. Der TN kommt schreibend sozusagen in Dialog mit sich selbst. Das Tagebuch hilft sich frei zu schreiben und zu ordnen, indem wir unser Erleben mit all den persönlichen Widersprüchlichkeiten bewusst machen und „den Zickzack unserer jeweiligen Gedanken bezeugen“ (Max Frisch). Einen Zustand benennen, ist der erste Schritt zur Veränderung. Gerade an dieser Stelle kann das Tagebuch eine besondere Konzentration schaffen z.B. Was war wirklich wichtig für mich bei dieser Veranstaltung?
  2. Das Tagebuch schützt. Gerade in selbsterfahrungsorientierten Seminaren setzen TN manchmal sich und andere unter den Druck der “Selbstoffenbarung“. Gefahr: „Seelen-Striptease“ oder formelhafte Selbstbekenntnisse. Die TN sollen immer kontrollieren können, was sie preisgeben wollen. Das Tagebuch ist eine gute Hilfe, zunächst einen klaren Kopf zu bekommen und dann auszuwählen, über was ich sprechen möchte. Unsere Erfahrung: Gerade wenn Sie den TN die Sicherheit der Privatsphäre garantieren, wagen sie, sich stärker zu öffnen.

4. Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme

Vorteile/Chancen:
Nachteile/Probleme:

 

Literaturhinweise: Alsheimer/Müller 2000; Baldwin 1992; Geißler 2005b; Müller 2004

Dr. Balkes rät: „Heinrich von Kleist bringt den Wert des Tagebuch-Schreibens auf den Punkt: ‚Wir werden uns in diesem unruhigen Leben so selten unsrer bewusst – die Gedanken und die Empfindungen verhallen wie ein Flötenton im Orkane – so manche Erfahrung geht ungenutzt verloren – das alles kann ein Tagebuch verhüten.’“
 
Autoren: Martin Alsheimer, Michaela Gerds