Special
Fragen
Fragen eröffnen die Welt von TN und für TN: Durch sie können Sie einerseits Informationen einholen und andererseits die Aufmerksamkeit lenken. Gute Fragen zu stellen gehört als eine Technik zu fast allen Aktionsformen.
1. Einsatzmöglichkeiten
2. Regeln:
Fragen an TN richten
- Überlegen Sie vorher wichtige Fragen und mögliche Reaktionen darauf (Selbstkontrolle: „Warum und wozu frage ich hier die TN?“).
- Sorgen Sie bitte für eine gute Frageatmosphäre (s. Fragehaltungen). Nicht unvermittelt und gleich zu Beginn die TN mit Fragen bombardieren.
- Ganz wichtig: Fragen Sie so kurz wie möglich.
- Richten Sie Fragen an die gesamte Gruppe, und zwar mit persönlicher Anrede (z.B. „Wie beurteilen Sie …?“).
- Lassen Sie unbedingt Denkpausen. Halten Sie die Pausen aus und verwickeln Sie die TN nicht in „Kettenfragen“, indem Sie mehrere Fragen direkt hintereinanderreihen.
- Wenn die TN mit Antworten zögern, klären Sie die Unklarheiten oder das Nichtverstehen (z.B. „Sie schauen mich gerade etwas verunsichert an … Ist Ihnen meine Frage unklar?“).
- Fassen Sie bei vagen Antworten evtl. mit einer Vertiefungsfrage nach (z.B. „Was meinen Sie damit genau?“).
- Würdigen Sie Antworten bzw. „quittieren“ Sie diese kurz und geben Sie sie an die Gruppe weiter (z.B. „Was meinen Sie dazu?“).
TN das Fragenstellen erleichtern
- Suchen sie das Gespräch bereits vor dem offiziellen Veranstaltungsbeginn (Einsteigen). Der persönliche Kontakt erleichtert es den TN, später Fragen zu stellen.
- Laden Sie ein, Fragen zu stellen, und klären Sie evtl., wann diese gestellt werden sollen (z.B. „Ich bitte Sie zu fragen, wenn Sie etwas nicht verstanden haben, etwas unklar bleibt oder aber Sie Weitergehendes wissen wollen. Bitte unterbrechen Sie mich ruhig …“).
- Schalten Sie Phasen des Nachdenkens für die TN ein, in denen diese für sich zunächst sammeln können, was sie fragen wollen (z.B. Impulsmethode).
- Lassen Sie Fragen evtl. in Kleingruppen sammeln (z.B. Expertenbefragung).
- Zeigen Sie, dass Fragen ernst genommen werden: durch gründliche Beantwortung der Fragen (Nachfragen: „Habe ich Ihre Frage damit beantwortet?“), durch „Vertagen“ der Frage bei Nichtbeantwortung (z.B. „Eine wichtige Frage … Würden Sie diese bitte noch einmal stellen, wenn wir bei Punkt … sind?“), durch Wiederaufgreifen „vertagter“ Fragen.
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Der wohl berühmteste Fragensteller ist Sokrates. Er verglich seine Tätigkeit, die „Geburtshilfe“ einer richtigen Einsicht, mit der Hebammenkunst.
Fragetypen
Fragen sind unterschiedlich effektiv. „So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus …“, weiß der Volksmund. Wichtig ist uns, dass Sie folgende Fragetypen und ihre jeweiligen Wirkungen unterscheiden (s.a.
Aktives Zuhören):
- Offene Fragen (z.B. „Was meinen Sie dazu?“):
Diese sogenannten „W-Fragen“ beginnen meist mit einem Fragewort mit „W“ (z.B. was, wer, wie, wo usw.). Sie können meist nicht einfach mit Ja oder Nein beantwortet werden, sondern lassen Spielraum bei der Antwort. Wirkungen: geringe Lenkung, ergeben häufig große Informationsausbeute, aktiviert die TN.
Varianten offener Fragen:
- Provokationsfragen: Können dazu dienen die TN aus der Reserve zu locken/Diskussionen in Gang zu setzen (z.B. „Wollen Sie oder können Sie nicht antworten?“).
- Rhetorische Fragen: Werden auch als Scheinfragen bezeichnet. Frage wird oft schon vom Fragesteller selbst beantwortet (z.B. „Machen wir nicht alle Fehler?“).
- Gegenfragen, Rückfragen oder Spiegelungsfragen: Greifen Aussagen auf und geben sie fragend wieder; sichert gegenseitiges Verstehen (z.B. „Wollen Sie damit sagen, dass …?“).
- Geschlossene Fragen (z.B. „Sind Sie damit einverstanden?“):
Sie fordern ein Ja oder Nein oder relativ knappe Antworten. Wirkungen: starke Lenkung, zielen eher auf einzelne Fakten, können Verhöreffekt hervorrufen.
Varianten geschlossener Fragen:
- Alternativfragen: Dem Befragten werden zwei mögliche Antwortmöglichkeiten unterbreitet (z.B. „Möchten Sie Kaffee oder Tee?“).
- Suggestivfragen: Suggestivfragen wirken oft beeinflussend auf die Befragten, da die gewünschte Antwort meist schon in der Frage eingeschlossen ist (z.B. „Sie möchten doch eine Pause, oder?“).
- Kontrollfragen: Mittels Kontrollfragen können Sie feststellen, ob die TN Ihren Gedankengang verstanden haben (z.B. „Können Sie mir folgen?“).
Fragerichtungen
Wer fragt, führt. Fragen können unser Denken in vier Richtungen lenken: erinnern, zusammenführen, entdecken, bewerten.
- Erinnernde Fragen: Kenntnisfragen und Erlebnisfragen sondieren Wissen oder Erfahrungen, um darauf aufzubauen (z.B. „Was ist Ihnen zu diesem Thema in Erinnerung?“, „Wie ist es Ihnen denn dabei ergangen?“).
- Zusammenführende Fragen: Sie können Kenntnisse ebenfalls in vier Weisen miteinander verbinden lassen:
(1) Vergleichen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten (z.B. „Wir haben gerade zwei Aussagen gehört. Wo sehen Sie entscheidende Unterschiede?“).
(2) Ordnen von Vorgehensweisen (z.B. „Wir haben gerade Möglichkeiten gesammelt. In welcher Reihenfolge sollen wir nun vorgehen?“).
(3) Ableiten von Neuem aus Bekanntem (z.B. „Was wäre denn das Gegenteil von …?“).
(4) Übertragen von Erkenntnissen (z.B. „Welche Beispiele aus Ihrer Praxis fallen Ihnen dazu ein?“).
- Entdeckende Fragen: Hier sollen unterschiedliche Sichtweisen ausprobiert und neue Lösungen gesucht werden. Viele Antworten sind möglich (z.B. „Was könnten wir alles tun, um dieses Problem zu lösen?“).
- Bewertende Fragen: Meinungen und Kenntnisse werden bewertet oder ausgewählt. Das Wörtchen „besonders“ in der Frage ist dabei ein besonders brauchbares Zauberwort; es hilft zu fokussieren (z.B. „Was ist Ihnen denn dabei besonders wichtig?“).
Fragehaltungen
Fragen können leicht als Ausfragen oder Verhör erlebt werden. Sie bekommen vielleicht eine Antwort – aber nicht mehr. Deshalb möchten wir Ihnen Anregungen für eine angenehme Fragehaltung geben:
- Begründen Sie evtl. kurz, weshalb Sie die Frage stellen. Die TN wissen dann, worauf Sie hinauswollen, und fühlen sich nicht „aufs Glatteis geführt“ (z.B. „Ich stelle die Frage, weil mich interessiert, wie Sie in der Praxis bisher mit diesem Problem umgegangen sind …“) (TZI/Themenzentrierte Interaktion).
- Formulieren Sie Ihre Frage neutral (z.B. nicht: „Wie können Sie nur auf so etwas kommen?“, sondern: „Wie meinen Sie das genau?“).
- Wenn Ihre TN gehemmt oder sehr schweigsam sind, stellen Sie zunächst „Bestätigungsfragen/Kontrollfragen“, um sie zumindest zu knappen Beiträgen zu ermutigen (z.B. „Sind Sie bisher noch einer Meinung mit mir?“).
- Heben Sie evtl. gleichzeitig mit Ihrer Frage Leistungen und Erfahrungen Ihrer TN hervor. Das stärkt das Selbstvertrauen und die Kooperationsbereitschaft (z.B. „Wie ich merke, haben Sie viel Erfahrung auf dem Gebiet … Wie schätzen Sie denn die Chancen für … ein?“).
Literaturhinweise: Brunner 2009; Gehm 2006; Saul 1999
Dr. Balkes rät: „Vermeiden Sie Kettenfragen (mehrere Fragen unmittelbar hintereinander), Suggestivfragen (Antwort in den Mund legen) und Pistolenfragen (überfallsartig jemanden die Frage auf die Brust setzen). Das leuchtet Ihnen doch sicher ein, oder macht Ihnen das immer noch Probleme oder was? Ja, Sie, Leser oder Leserin, das meine ich!“
Autoren: Martin Alsheimer, Michaela Gerds