Aktionsform
Expertenbefragung
oder: Sachverständigenbefragung
In einer Expertenbefragung werden eine oder mehrere Fachpersonen von den TN zu einem Thema befragt.
1. Einsatzmöglichkeiten
- bei aktuellen, problemorientierten Themen, mit denen sich die TN intensiv beschäftigen wollen und bei denen sie gezielte Fragen dazu haben (z.B. Rentenversicherung, Arbeitszeitverkürzung, Strukturreform, Erziehungsfragen, Gesundheitsreform usw.)
- wo es darum geht, Informationen aufzunehmen über Fakten, Auffassungen oder Einstellungen
- um Einblick in praxisnahe Prozesse und Sachverhalte zu erhalten
- als Alternative zum Vortrag oder Teilnehmerreferat
- als eigene Veranstaltungsform oder als Aktionsform, z.B. im Rahmen eines Seminars
2. So wird’s gemacht
- Erläutern Sie kurz das Thema und das Verfahren. Lassen Sie die TN Fragen vorbereiten (ca. 30 Min.):
a) in Kleingruppen: Vier bis fünf TN arbeiten zusammen. Die gesammelten Fragen werden vom Gesprächsleiter in eine Ordnung gebracht und evtl. visualisiert (Visualisierung).
b) im Plenum: Die TN äußern ihre Fragen durch Zuruf (Zurufabfrage). Diese Fragen werden von Ihnen deutlich sichtbar (Tafel, Flipchart) notiert und nach Themenschwerpunkten gruppiert. Nun sind die Experten an der Reihe: Sie antworten in kurzer und präziser Form. Die TN können nachfragen (ca. 60 Min.).
- Schluss: Sie oder der Experte fassen die wichtigsten Aspekte des Frage- und Antwort-Spiels nochmals zusammen.
Variante
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Bitten Sie die TN, die Fragen zuzuspitzen. Impuls: „Bitte halten Sie gemeinsam die Fragen fest, die Ihnen in Ihrer Gruppe
besonders wichtig sind oder zu denen Sie sich vor allem eine Klärung wünschen.“ Damit soll einem falschen Konkurrenzdruck der Gruppen vorgebeugt werden. Es geht darum, möglichst gute Frage zu sammeln, nicht möglichst viele (
Fragen).
Machen Sie die Befragung lebendiger: Stellen Sie und Ihre Gruppe nicht nur Sachfragen, sondern provozieren Sie auch einmal mit themenbezogenen Erlebnisfragen („Was war eine besonders schwierige Situation für Sie bei Ihrer Arbeit?“) oder Fantasiefragen („Wenn Sie drei Wünsche frei hätten?“). Das ist wichtig, gerade wenn Experten sehr formelhaft oder abstrakt beschönigend bleiben. Es erleichtert den Fachpersonen die Antwort, wenn die Fragen vorher geordnet wurden. Wird die Expertenbefragung als Aktionsform in eine andere Veranstaltungsform (z.B. Lehrgang) einbezogen, sollten Sie die Ergebnisse an das Gesamtthema rückbinden. Impuls: „Was hat die Expertenbefragung für unser Thema gebracht? Was hat sich für uns bestätigt? Was sehen wir neu?“
4. Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme
Vorteile/Chancen:
- die Fragen kommen von den TN; Vorbereitung hilft zurückhaltenden TN, sich zu äußern
- geordnete Diskussion; jeder bekommt seine Fragen beantwortet
- externe Experten wirken authentisch; soziale Realität wird ins Seminar geholt
Nachteile/Probleme:
- Experten, die ihr ganzes Wissen anbringen wollen und nur ungern auf gezielte Fragen eingehen
Literaturhinweise: Knoll 2007; Lipp/Will 2008
Dr. Balkes rät: „Es ist für TN oft interessant, mit Leuten zu sprechen, mit denen sie sonst keinen Kontakt haben: Wissenschaftler, Politiker, Unternehmer, Mitglieder von Bürgerinitiativen usw. Aber: Die Experten
befragung ist kein Experten
vortrag! Laden Sie nur Experten ein, die aus ihrer Sachkompetenz heraus spontan und präzise antworten können und die auch souverän mal zugeben können, etwas nicht zu wissen. Noch ein Tipp, bevor Sie auf Expertensuche gehen: Vielleicht findet sich unter den TN ein bislang ‚unentdeckter Experte’. Die Methode lässt sich auch spielerisch als Lernkontrolle einsetzen. Mehrere TN lassen sich als ‚Experten’ von der Restgruppe Fragen stellen zum bereits erarbeiteten Stoff. Bereits Fragen zu entwickeln und Antworten zu bewerten hat einen Lerneffekt (
Lernkarten,
Auswerten)“
Autor: Martin Alsheimer