Aktionsform
Aktionsform
Rasender Reporter
Infobox
Lernziel |
Kopf, Herz |
Konkretisierung |
Sprachlich vermittelt |
Aktivierung |
erarbeitend |
Sozialform |
Partnerarbeit, Plenum |
Lernphase |
Erarbeiten, Integrieren |
Medien/ Material |
Klemmbretter für Notizen, DIN A4-Papier und Stifte, Klangschale für Signal, Kopien mit Anleitung und Impulsen zur Auswahl, Flipchart |
Verwandten |
Partnerinterview, Fragen |
Dauer |
45-90 Min. |
Teilnehmerzahl |
12-30 Teilnehmende |
Kurzbeschreibung
Die TN schlüpfen in die Rolle von Reporterinnen und Reportern und interviewen sich zu ausgewählten Fragen und Statements. Die eingeholten Erfahrungen und Meinungen werden anschließend präsentiert. Der SL kann diese kommentieren, mit Wissensbausteinen ergänzen oder im weiteren Seminarverlauf aufgreifen.
1. Einsatzmöglichkeiten
- um schnell miteinander und mit ausgewählten Aspekten eines Themas in Kontakt zu kommen
- um vorhandene Kenntnisse, Meinungen und Erfahrungen zu erfassen und bewusst zu machen
- um einen Überblick über die Sichtweisen anderer zu gewinnen
- um eigene Meinungen zu reflektieren und sie im weiteren Verlauf besser überprüfen zu können
2. So wird’s gemacht
- Geben Sie einen Überblick über die Aktion.
- Je nach Gruppengröße bilden die TN Paare oder Dreiergruppen. Bei Gruppen unter acht Personen sind die TN als Reporter einzeln unterwegs. Sonst ist die Zahl der möglichen Interviews zu klein. Bei großen Gruppen über 24 TN sind Dreiergruppen zu empfehlen, damit die Interviews zeitlich zu bewältigen sind und die Ergebnisse übersichtlich bleiben.
- Die Partner legen fest, für welche Zeitung oder welches Magazin sie eine Umfrage machen.
- Teilen Sie eine Liste mit Fragen und Statements aus. Die Reporterpartner oder -trios einigen sich auf eine Untersuchungsfrage und nennen laut die gewählte Nummer. Erklären Sie diese dann für besetzt und schreiben Sie die vergebene Nummer an die Flipchart.
- Ggf. können Sie die TN auch ermuntern, selbst Fragen zu formulieren: „Wenn Sie eine eigene ‚brennende Frage‘ haben, zu der Sie recherchieren möchten, können Sie diese auch jetzt anmelden.“
- Geben Sie ggf. Papier, Stifte und Klemmbretter an die Reporterteams aus.
- Instruieren Sie die TN, ausdrücklich als Reporterin bzw. Reporter aufzutreten, z.B.: „Guten Tag, wir sind von der Zeitung … Wir machen gerade eine Umfrage. Haben Sie einen Augenblick Zeit für uns? Was ist Ihre Meinung zu folgendem Statement …?“
- Weisen Sie auch darauf hin, dass Passanten nicht antworten müssen, sondern sich mit einer Ausrede aus der Affäre ziehen können.
- Wenn alle TN ihren Reporterauftrag gewählt haben, geben Sie das Startsignal. Die TN gehen nun in die imaginäre „Fußgängerzone“ und interviewen andere TN bzw. werden selbst befragt. Die Antworten werden dabei stichwortartig notiert.
- Zu einer vereinbarten Zeit beenden Sie die Interviewphase. Es muss nicht jeder zu jeder Frage interviewt worden sein.
- Die Reporterpartner sichten nun die Ergebnisse und fassen Aussagen für die anschließende Kurzpräsentation zusammen. Leiten Sie die Auswertung ggf. durch weitere Impulse an: „Gibt es Trends oder konträre Meinungen? Waren die Antworten eher einheitlich oder gab es unterschiedliche Sichtweisen? Hat Sie das Ergebnis überrascht? Was wäre der Titel oder die Schlagzeile für Ihren Artikel? Wenn Sie mit Ihrer Frage in einer realen Fußgängerzone unterwegs wären, würden Sie tendenziell andere Antworten oder Ergebnisse erwarten?“
- Im anschließenden Plenum stellen sich die Reporter zunächst in ihrer Rolle vor („Wir kommen von der …-Zeitung …“) und präsentieren anschließend zentrale oder markante Ergebnisse, ggf. mit einer passenden Schlagzeile dazu.
- Sie können in Ihrer Rolle als SL nun selbst direkt ergänzen und mit passenden Wissensbausteinen andocken oder im späteren Seminarverlauf darauf zurückgreifen.
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Der Titel der Aktionsform ist vom berühmten „rasenden“ Reporter der Weimarer Zeit, Egon Erwin Kisch, geliehen. Die Aktionsform ist sehr gut geeignet, um ein Thema in seiner Komplexität und Breite zu entfalten und gleichzeitig auch persönlich zu öffnen. Die Verfremdung erleichtert es, auch persönliche Fragen zu „schweren Themen“ zu stellen und zu beantworten. Als zusätzlichen Schutz bei persönlichen Fragen erlaubt der SL ausdrücklich, sich wie bei einer Befragung von Passanten in der Fußgängerzone mit einer Ausrede zu entziehen, wenn man die Frage nicht beantworten mag. Durch die anschließende Zusammenfassung von Meinungen, Erfahrungen oder Vorwissen werden diese auch anonymisiert. Niemand muss sich öffentlich outen. In der Regel erzeugt die Methode durch Tempo und Rolle eine gewisse Leichtigkeit, ja Heiterkeit.
Sowohl Teilnehmende als auch die Kursleitung erhalten einen Überblick über Erfahrungen, Meinungen und Wissen in der Gruppe. Je nachdem, wie das Seminar angelegt ist, kann der SL durch die Vorlage der Fragen und den Mix an Impulsen die Richtung steuern. Die Aktionsform „Rasender Reporter“ erleichtert es auch, ohne großen methodischen Aufwand kleinere Wissensbausteine anschließend direkt anzudocken.
Die Impulse können unterschiedlich konstruiert werden:
Persönliches Erleben kann über offene Fragen angeregt und eingeholt werden, z.B.:
- Erinnern Sie sich noch: Wie haben Sie zum ersten Mal von … erfahren?
- Hatten Sie selbst schon einmal Kontakt mit …?
- Haben Sie schon einmal … real gesehen?
- Haben Sie selbst schon einmal Erfahrungen mit … gemacht?
Wissensbestände oder Meinungsäußerungen können über Statements eruiert oder provoziert werden, z.B.:
- Viele Menschen meinen: … Wie stehen Sie dazu?
- In den Medien heißt es oft: … Was meinen Sie dazu?
Zu einer Frage können Antwortkategorien vorgegeben oder Tendenzen über eine Skalierung erfasst werden, z.B.:
- Wie sicher fühlen Sie sich bei … auf einer Skala von 1-7? 1= sehr unsicher 7 = sehr sicher)?
- Zusatzfrage: Was müsste passieren, um auf 7 zu kommen?
Weitere Beispiele:
- Was verstehen Sie unter …?
- Wenn ich …, hilft mir vor allem … Bitte ergänzen Sie spontan den Satz.
- Was halten Sie für das Wichtigste, um … zu können?
- Sehen Sie einen Unterschied zwischen … und …?
- Wann würden Sie zu … raten?
- Eine Frage, die mich beim Thema … besonders beschäftigt oder interessiert, ist …
Die Fragen können unterschiedlich dimensioniert werden:
- Eindimensional: Fragen sind auf eine Antwort fokussiert, z.B. Ja-Nein-Fragen, oder nur eine Antwortkategorie wird zugelassen. Ziel: schnelle Antworten
- Mehrdimensional: „Um die Ecke gefragt“ oder aus einer anderen Perspektive formuliert. Beispiele: „Wenn Sie göttliche Macht hätten, würden Sie …?“ Ziel: Denkanstöße und unkonventionelle Antworten
Zeitlich ist die Aktionsform sehr variabel, die Dauer kann z.B. durch das Ausmaß an Kommentaren und Ergänzungen durch den SL gut gesteuert werden.
Die Interviews können auch abschließend für den Transfer genutzt werden, um die TN Konsequenzen zu inhaltlichen Seminarergebnissen für die eigene Praxis formulieren zu lassen.
4. Vorteile / Chancen – Nachteile / Probleme
Vorteile / Chancen:
- Die spielerische Einbettung und die Verfremdung durch Reporterinterviews erleichtern persönliche Fragen und schützen die persönliche Stellungnahme
Nachteile / Probleme:
- Ergebnisse werden nicht aufgegriffen und gehen verloren
Literatur: Kindl-Beilfuß, Carmen (2014)
Autoren: Martin Alsheimer/Ulrich Müller