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Aktionsform

Kollegiale Beratung

Infobox

Lernziel Kopf, Herz
Konkretisierung sprachlich vermittelt, bildlich vermittelt
Aktivität für die Lernenden erarbeitend
Sozialform Gruppenarbeit, Plenum
Lernphase Erarbeiten, Integrieren
Medien/ Material Flipchart, Pinnwand
Verwandte Fallbesprechung, Maßnahmenplan, Reframing
Dauer 60−90 Min.
Teilnehmerzahl 3−25

(auch: Kollegiale Fallberatung, Kollegiale Supervision, Kollegiale Praxisbegleitung)

Ein Verfahren zur Moderation eines berufsbezogenen Selbsthilfeprozesses. Eine Gruppe von TN reflektiert gemeinsam ihre berufliche Situation, um sich gegenseitig zu beraten und zu unterstützen.

1. Einsatzmöglichkeiten

2. So wird’s gemacht

Kollegiale Beratung ist ein Verfahren praxisnahen bzw. praxisbegleitenden Lernens. Dabei werden in hohem Maße die Erfahrungen und Kompetenzen der einzelnen Gruppenmitglieder aktiviert und zur Problemlösung genutzt. Die Methode unterstützt die Entwicklung von Handlungskompetenz und Persönlichkeit.

Stellen Sie zur Vorbereitung die Idee und die Arbeitsweise der Aktionsform kurz vor. Anschließend können Sie die Beratungen durchführen, dazu bietet sich folgendes einfache Schema an:

0. Start

Erhebung der Anliegen, evtl. Auswahl, Festlegung der Reihenfolge; falls nicht der SL moderiert, sondern ein TN: Wer soll das übernehmen?

1. Orientierungsdaten

Der zu Beratende gibt eine knappe Darstellung der Rahmendaten (z.B. im Falle von Führungskräften: Abteilung, Teamgröße und -zusammensetzung usw.).

2. Darstellen der Situation

Der zu Beratende gibt seinem Anliegen oder „Fall“ einen griffigen Namen und stellt die Situation konkret dar. Neben dem Erzählen ist es auch möglich, etwas vorzuspielen, also kleine Szenen in kurzer Form darzustellen.

3. Klärungsabsichten

Der zu Beratende benennt seine Wünsche und Fragen an die Gruppe und konkretisiert seine Klärungsabsicht: „Womit will ich nach Hause gehen?“

4. Verstehen der Situation – Rückfragen

Die Gruppe versucht, die Situation zu verstehen. Sie stellt Rückfragen, entwickelt aber an dieser Stelle noch keine Lösungsvorschläge. (Achtung Moderator: Hier muss oft sanft, aber bestimmt eingegriffen werden: Zu schnell sind viele mit ihren Vorschlägen bei der Hand!)

5. Suche und Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten

Die Gruppe sucht gemeinsam nach Möglichkeiten, wie in der Situation gehandelt werden könnte. Dabei geht es zunächst um Vielfalt von Vorschlägen, erst später um Auswahl. Gegebenenfalls können auch hier Vorschläge kurz angespielt werden (z.B. eine Sequenz aus einem Mitarbeitergespräch).

6. „Was wir gelernt haben“

Der zu Beratende fasst die wichtigsten Anregungen für sich und die Gruppe noch einmal zusammen. Vielleicht benennt er erste Schritte, die er unternehmen will. Anschließend halten alle schriftlich fest, was sie für sich aus der Beratung des Kollegen lernen konnten (Tagebuch schreiben).

Moderation

Die kollegiale Beratung muss moderiert werden (Moderationsmethode). Das können Sie selbst übernehmen, oft aber auch TN. Das oben dargestellt Schema ist bewusst einfach gehalten, um die Moderation durch TN zu erleichtern.

Visualisierung

Es ist hilfreich, das Moderationsschema auf einer Flipchart immer präsent zu haben. Die Informationen und Ideen, die im Rahmen der Beratung gegeben bzw. entwickelt werden, können Sie an zwei Pinnwänden mitvisualisieren. Beschriften Sie zur Vorbereitung ovale Moderationskarten mit den Schritten des Beratungsschemas, diese werden als Überschriften nach und nach an die Pinnwand geheftet, die Infos/Ergebnisse kommen auf rechteckige Karten darunter (Clustern).

Zeitbedarf

Für die Beratung eines Falles bzw. Anliegens sollten Sie einen Zeitbedarf von ca. 60 bis max. 90 Minuten ansetzen. Der Zeitbedarf hängt natürlich auch von der Gruppengröße ab.

Eine Variante kann auch in wesentlich kürzerer Zeit erfolgen: 3−4 Personen bilden eine Gruppe und legen einen „Zeitwächter“ fest. In sehr kurz getakteten und relativ rigide gehandhabten Schritten können „kleinere“ Anliegen so in ca. 20−30 Minuten beraten werden. Diese Variante eignet sich auch für den Einsatz in größeren Seminargruppen, in denen die kollegiale Beratung nur einen Baustein unter anderen ausmacht. Die Gruppen können parallel arbeiten oder im Aquarium hintereinander.

Gruppengröße

Die beratende Gruppe kann zwischen 3 und max. 12 TN groß sein. Ist die Seminargruppe größer, kann die Beratung der Fälle mit einer Teilgruppe im Aquarium erfolgen: 5−6 TN sitzen im Innenkreis und beraten das Anliegen, die restlichen sitzen im Außenkreis und hören zu (ggf. ermöglichen Sie dem Außenkreis die Möglichkeit für ein kurzes Statement auf einem freien Stuhl im Innenkreis). Nach der Beratung eines Falles kurze Pause, dann kann ein zweiter Fall beraten werden.

Es ist auch möglich, das Plenum zu teilen. Moderieren Sie einen ersten Fall selbst im Aquarium, damit alle die Methode ein erstes Mal erleben können. Besprechen Sie anschließend mit den TN Ihre Vorgehensweise bei der Moderation: Worauf muss man achten? Wo sind Stolpersteine? Teilen Sie anschließend die Gruppe. In zwei Halbplenen wird nun parallel beraten. Ein Halbplenum moderieren Sie selbst, das andere wird von TN moderiert. Sie können ggf. auch in beiden Halbplenen TN moderieren lassen, das erlaubt es Ihnen, zwischen den Gruppen zu wechseln und beide zu begleiten.

3. Didaktisch-methodische Hinweise

An den Wortbestandteilen „kollegial“ und „Beratung“ lässt sich die Grundidee des Ansatzes zeigen:

Die Kollegiale Beratung kann als eine Aktionsform im Rahmen von Seminaren eingesetzt werden, aber auch eine eigene Veranstaltungsform darstellen. Sie eignet sich dann für Gruppen von 3 bis ca. 12 TN, die sich regelmäßig zu Sitzungen von 60−90 Minuten treffen und dann jeweils einen Fall beraten.

Abgrenzung zur Supervision

Wie schon die alternativen Bezeichnungen zeigen, ist der Übergang zur Supervision fließend. Als mögliches, wenn auch weiches, Abgrenzungskriterium könnte der Grad an persönlicher Involviertheit dienen. Bei Fällen, die einen bestimmten Belastungsgrad des zu Beratenden übersteigen, die einen hohen Anteil der Beziehungsebene haben, aber auch bei einer engen Verknüpfung mit Prozessen der Team- bzw. Organisationsentwicklung, sind die Grenzen der Methode erreicht und ist professionelle Supervision gefragt.

4. Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme

Vorteile & Chancen:

Nachteile & Probleme:

Literatur: Tietze, Kim-Oliver (2003)

Autor: Ulrich Müller

Für die Literaturliste: Tietze, Kim-Oliver (2003): Kollegiale Beratung. Problemlösungen gemeinsam erarbeiten.