Aktionsform
Rundgespräch
oder: Offenes Gespräch, Teilnehmergespräch, Erfahrungsaustausch
Die TN tauschen im Unterschied zur Diskussion im Rundgespräch Erfahrungen, Einstellungen, Fantasien aus. Der inhaltliche Bezugspunkt des Gesprächs ist vorgegeben oder wird gemeinsam festgelegt. Der Ablauf bleibt offen. Ein Ergebnis kann sich einstellen, ist aber nicht angezielt.
1. Einsatzmöglichkeiten
- um sich untereinander kennenzulernen
- um persönliche Erlebnisse und Sichtweisen auszutauschen
- als „Warm-up“ für eine Thematik, die noch weiter bearbeitet werden muss
- als eine Aktionsform für die Auswertung
2. So wird’s gemacht
- Sie bzw. die TN benennen und umreißen das Thema und den Anlass des Gespräches. Alle TN müssen mit dem Thema etwas anfangen können (z.B. „Was mich im letzten Praktikum besonders beeindruckt hat … Was mich jetzt noch beschäftigt …“).
- Geben Sie den TN einen Moment Zeit, sich ihrer jeweiligen Erfahrungen, Einstellungen, Fantasien (z.B. Befürchtungen) bewusst zu werden.
- Führen Sie evtl. die Regeln der TZI/Themenzentrierte Interaktion ein. Sie sind für einen Erfahrungsaustausch sehr hilfreich.
- Klären Sie für sich oder zusammen mit den TN die Frage der Gesprächsleitung. Das Gespräch kann einen Leiter haben, muss es aber nicht. Diese Aufgabe kann sowohl von Ihnen als auch von einem TN übernommen werden. Falls nun das Gespräch von jemandem moderiert wird, schaltet sich derjenige (für gewöhnlich) weder inhaltlich ein noch fordert er jemanden direkt zum Sprechen auf. Er hält sich weitgehend zurück. Seine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass die vereinbarten Spielregeln eingehalten werden. Er selbst kann sich der „Technik“ des Aktiven Zuhörens bedienen.
- Möglichst alle und evtl. auch Sie selbst „veröffentlichen“ im Laufe des Gespräches die eigene Sichtweise. Das kann, muss aber nicht nur mit Worten geschehen (Symbolisieren).
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Das Rundgespräch ist im
Plenum und in der
Gruppenarbeit möglich. Eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen den Beteiligten ist die Voraussetzung. Bewertungen bleiben ausgeschlossen. Gefragt ist Taktgefühl. Das offene Gespräch findet sich eher in teilnehmer- und erfahrungsbezogenen Veranstaltungen als in sach- und erkenntnisorientierten Kursen. Die „Natürlichkeit“ des Gespräches kommt – so paradox es klingt – nur aufgrund einer gewussten und gewollten Künstlichkeit zustande. Die Regeln (
TZI/Themenzentrierte Interaktion,
Aktives Zuhören), die hinter der Künstlichkeit stehen, haben allerdings eher den Charakter von Haltungen als von Techniken. Die Ähnlichkeit mit Alltagsunterhaltungen, dem „natürlichen“ Gespräch, ist nur scheinbar. Dort nämlich wechseln die Themen, und es gibt weder vereinbarte Regeln noch eine Leitung.
Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme
Vorteile/Chancen:
- Offenheit in persönlicher und methodischer Hinsicht
- große Möglichkeit der TN, sich zu beteiligen
- sehr lebendig, bunt, evtl. auch lustig
Nachteile/Probleme:
- Verlust an evtl. nötiger Distanz und Anonymität
- „Material“ ist in seiner Vielfalt oft nicht im weiteren Verlauf zu bearbeiten
- dem Austausch von Erfahrungen folgt keine Reflexion
Dr. Balkes rät: „Vergessen Sie nicht, dass die Art der Kommunikation im Rundgespräch nicht für alle TN gleich angemessen ist. Was TN mit hohem formalem Bildungshintergrund bevorzugen, ist für die anderen mitunter schwierig. Erklären Sie also das offene Gespräch nicht zum Ideal zwischenmenschlicher Kommunikation. Es ist und bleibt nur eine Aktionsform.“
Literaturhinweise: Knoll 2010; Meyer 2009; Mischke/Raapke/Sielaff 1995; Müller 1982
Autor: Ulrich Papenkort