Aktionsform
Prototyping
Infobox
Lernziel |
Kopf, Herz, Hand |
Konkretisierung |
sprachlich vermittelt, bildlich vermittelt |
Aktivierung |
erarbeitend |
Sozialform |
Gruppenarbeit, Plenum |
Lernphase |
Erarbeiten, Integrieren, Auswerten |
Material/ Medien |
Lego-Steine, Flemo-Boxen, Seile, Playmobil, Knetmasse … |
Verwandte |
Projekt, Vernissage, Elevator Statement |
Teilnehmerzahl |
- |
Zeit |
- |
auch: Alternative Ergebnispräsentation, Demonstrator, Wizard-of-Oz-Prototyp, Mock-Up
TN erarbeiten eine plastische und anschauliche Lösung für eine Problemstellung bzw. Design Challenge (Design Thinking) oder skizzieren ein (fiktives) Produkt und stellen dies der Gruppe vor.
1. Einsatzmöglichkeiten
- als Form der Ergebnispräsentation und als Alternative zu klassischen Präsentationsformen
- um Lösungsansätze zu illustrieren
- zum frühzeitigen Erproben und Validieren von Ideen
- um Feedback zu Lösungsideen zu erhalten
- um nach langen Diskussionsphasen „ins Tun“ zu kommen
- als eigenständige Phase im Design Thinking
2. So wird’s gemacht
- Bereiten Sie Material vor und erklären Sie den TN: „Im bisherigen Prozess haben Sie Ihr Thema bzw. die Problemstellung erörtert und Ideen generiert. Nun geht es darum, aus diesen Gedanken ein anschauliches Zielbild zu entwickeln. Dazu erstellen Sie unter Nutzung des Materials einen Prototyp. Dieser entsteht in kurzer Zeit und mit einfachen Materialien.“
- Zeigen Sie die wichtigen Leitlinien für das Prototyping auf. Verdeutlichen Sie, dass es darum geht, „ins Tun“ zu kommen.
- Verdeutlichen Sie: „Ihr Prototyp kann sich auf einen Blick erschließen oder Sie erzählen eine Geschichte entlang eines Verlaufs. Alles ist erlaubt, solange am Ende ein Ergebnis steht, das den anderen TN ein Ausprobieren ermöglicht.“
- Ermuntern Sie während der Vorstellung zu kritischen Rückfragen.
- Begrenzen Sie die zur Verfügung stehende Zeit.
- Machen Sie deutlich: „Es geht nicht um eine perfekte Präsentation, sondern um Einblicke, ein Gefühl, eine Ahnung, wie das laufen soll. Denken Sie ‚grob und schnell‘, nicht ‚barock und verspielt‘.“
- Lassen Sie den Prototypen in einem zweiten Bearbeitungszeitfenster überarbeiten (Iteration): „Sie haben nun gesehen, wie der Prototyp aufgenommen und verwendet wurde. Sie können nun auf das Feedback und ihre Beobachtungen reagieren und den Protoytpen weiter verbessern oder einen neuen bauen.“
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Prototyping ist eine Methode aus dem Kontext des Design Thinking, hat seinen Ursprung also in der Produktentwicklung. Im Entwicklungsprozess werden dabei schon zu einem frühen Zeitpunkt mit einfachen Mitteln konkrete „Bastelversionen“ des neuen Produkts erstellt, um eine Idee nach Möglichkeit bereits auszuprobieren und (ansatzweise) sinnlich erfahren zu können. Diese Vorgehensweise ist auf den Seminarkontext übertragbar. Gruppenarbeit wird – je nach gewählter Aktionsform – zumeist mit einer Ergebnispräsentation abgeschlossen (Gruppenarbeit 5: Präsentation von Gruppenergebnissen). Klassischerweise dominiert dabei der mündliche Bericht, häufig auch noch ergänzt durch Notizen auf Flipchart oder Moderationskarten. Auch beim Prototyping wird in Gruppen gearbeitet und das Ergebnis dem Rest der Gruppe zugänglich gemacht. Allerdings geht man dabei bedeutend weiter und versucht den erarbeiteten Zielzustand plastisch und konkret erfahrbar zu machen. Dazu wird der Zielgedanke (die Lösung, das Produkt, der Zielprozess oder -zustand) in einer einfachen Form skizziert und veranschaulicht. Erläutern Sie, dass es hier gewissenermaßen um ein „Lo-Fi“-Prototyping geht, also mit einfachen Materialien und in kurzer Zeit. Im Vordergrund steht die Überprüfung der Praxistauglichkeit einer Idee und nicht der gleiche Wissensstand aller TN oder die umfassende Diskussion. Das so erzielte Feedback kann dann im Rahmen von Iterationen in den Prototyp eingearbeitet werden. Dabei gilt die Maxime: Je greifbarer der Prototyp ist, desto besser. Um greifbare und inspirierende Prototypen erstellen zu können, muss man auf große Mengen an Material zurückgreifen können.
Die schnelle Ausgestaltung von Prototypen im Seminarkontext lässt sich mit den im Folgenden beschriebenen Ansätzen und Materialien unterstützen (gerne auch in Kombination einsetzbar). Prinzipiell gilt: Es gibt kein ungeeignetes Material. Die Demonstratoren sind dabei i.d.R. nicht selbsterklärend, sondern es wird entlang des Aufbaus eine Geschichte erzählt.
- Nichts repräsentiert den Iterationsgedanken des Design Thinking so deutlich wie Lego-Bausteine. Das Lego-Spiel lebt von der ständigen Folge des Konstruierens und Dekonstruierens und Rearrangierens. Zusätzlich lassen sich mit den Figuren und Gegenständen ganze Geschichten verdeutlichen („User-Stories“) und Zusammenhänge und Wechselwirkungen leicht erklären. Außer Lego eignen sich natürlich auch andere Figuren, wie z.B. Halma-Figuren oder Playmobil-Männchen.
- Der Charme der Prototypingphase liegt darin, dass die Demonstratoren tatsächlich gebastelt werden. Es ist hilfreich, wenn Bastelmaterial wie verschiedenfarbiges Papier, Papprollen, Folien, Scheren, Klebstoff, Krepp- und Klebeband, Schnüre, Trinkhalme, Seile, Farbstifte, Knetmasse etc. zur Verfügung stehen. Hilfreich sind ebenfalls Sticker zur Beschriftung von Elementen. Mittlerweile lassen sich fertige Materialboxen kaufen, in denen zusätzlich weiteres hilfreiches Material wie Plastikmünzen, Zahlensticker, Würfel und Glassteine zu finden ist (z.B. die „Flemo-Box“).
- Wizard-of-Oz-Prototyp: Wenn die Beantwortung der Design Challenge nach einer Dienstleistung oder Software verlangt, dann wird mit dem Prototyp häufig die Interaktion mit dem Anwender erprobt und abgesichert. Dabei gilt es häufig, den nächsten Schritt, eine Reaktion oder eine Systemantwort zu veranschaulichen. Bei Wizard-of-Oz-Prototypen wird diese Reaktion wie in einem Rollenspiel durch einen Menschen simuliert. Diese Person führt dann im Rahmen von Anwenderinteraktionen die Reaktionen und Operationen aus, die eigentlich automatisch erfolgen sollten. Konkret kann dies beispielsweise die Führung an eine bestimmte Stelle des Prototyps sein, eine Fortsetzung der Story an einem anderen Ort, das Aufblättern oder Ad-hoc-Erstellen einer Flipchartzeichnung oder auch nur eine verbale Antwort.
- Beschäftigt man sich im Rahmen der Design Challenge mit konzeptionellen Themen oder komplexen Dienstleistungen, dann erscheint es oft schwierig, einen tatsächlich anfassbaren Prototyp zu erstellen. In solchen Fällen eignet sich ein „Bericht aus der Zukunft“ (auch bekannt als „Remember the future“). Dazu greift man den Gedanken der Persona auf. Aus Sicht der Persona wird dann ein Erfahrungsbericht, Test oder Zeitungsartikel formuliert, bei dem das ursprüngliche Problem als gelöst angenommen wird. Solche Stimmen aus der Zukunft lassen sich als Text aufschreiben, bedeutend eleganter sind aber Videobotschaften. Mit Smartphones lassen sich entsprechende Aufnahmen heutzutage schnell und problemlos erstellen (Video drehen). Ist die Möglichkeit des Video-Drehens nicht gegeben, dann kann man natürlich auch auf Formate mit geringerem Technikaufwand zurückgreifen, z.B. ein Plakat o.Ä., das dann im Rahmen einer Vernissage oder eines Elevator Pitchs vorgestellt wird.
4. Vorteile / Chancen – Nachteile / Probleme
Vorteile / Chancen:
- Sorgt für direkte Umsetzung und frühzeitige Validierung von Ideen
- Aktive Auseinandersetzung mit der Lösung
- Macht in der Regel viel Spaß
Nachteile / Probleme:
- Aufwändig, da viel Material benötigt wird
- Zeitaufwändig, wenn man nicht oberflächlich bleiben will
- Realitätslücke – bei der Erstellung von Prototypen werden häufig besonders kreative, wilde Lösungen bevorzugt, bei denen eine Umsetzung im echten Leben kaum möglich ist
Autor: Jan-Torsten Kohrs
Dr. Balkes rät: „Das sind die Momente, die ich in Seminaren am meisten liebe: Alle sind mit Feuereifer dabei, arbeiten konzentriert und mit Spaß mit, die Kreativität ist mit Händen zu greifen – das klappt bei der Erstellung von Prototypen vorzüglich! Der große Charme liegt hier im Konkreten, Anfass- und Ausprobierbaren!“