Aktionsform
Canvas
Infobox
Lernziel |
Kopf, Herz, Hand |
Konkretisierung |
sprachlich vermittelt, bildlich vermittelt |
Aktivitierung |
erarbeitend |
Sozialform |
Gruppenarbeit, Plenum |
Lernphase |
Erarbeiten, Integrieren |
Medien/ Material |
Leinwand, Plakat, Brownpaper |
Verwandte |
Wandzeitung |
Dauer |
30-90 Min |
Teilnehmerzahl |
Bis 30 TN |
Canvas ist eine Methode aus dem Kontext des Design Thinking, die zur Ideengenerierung eingesetzt wird. Dabei halten die Teilnehmenden auf einer vorstrukturierten „Leinwand“ (= Canvas) konkrete Gedanken/Ideen/Ausgestaltungsmerkmale zum Thema bzw. für das zu entwickelnde Produkt fest. Die Canvas dient als wesentliche Grundlage für die anschließenden Arbeitsschritte.
1. Einsatzmöglichkeiten
- um Ideen entlang einer vorgegebenen Struktur zielgerichtet zu generieren
- um wesentliche Aufgaben, Anforderungen, Beziehungen, Steakholder, Ressourcen und Lösungen oder andere Aspekte eines Themas zusammenzutragen und zu überblicken
- als wesentliche Grundlage für die Phase des Prototypings innerhalb des Design Thinking-Prozesses
- bei der Produktentwicklung: um die zuvor identifizierten Bedürfnisse der Personas in konkreten Ausgestaltungsmerkmalen des Produkts abzubilden
2. So wird’s gemacht
Vorbereitung
- Entwickeln Sie ein Raster/eine Vorlage mit übergeordneten Kategorien, welche für die Zielsetzung der Aufgabe relevant sind. Achten Sie dabei darauf, sich auf „Überschriften“ zu beschränken (Bsp.: Inhalt, Methodik, Steakholder, …) und genügend Platz für die Formulierungen der TN zu lassen.
- Gestalten Sie eine optisch ansprechende, großformatige „Leinwand“ (Poster, Pinnwand, Flipchart), die zum Arbeiten einlädt. Das Raster darf gern ein wenig „verspielt“ sein (z.B. Zimmer in einem Haus, Puzzleteile, Inseln).
- Stellen Sie ausreichend Materialien zur Bearbeitung der Canvas zur Verfügung (Post-Its, Moderationskarten, Stifte, Kreide, ...).
- Sorgen Sie für ein ansprechendes Arbeitsambiente, das Bewegung vor der Leinwand zulässt und kommunikative und kreative Prozesse fördert (also: lieber Bistro-Tische und Hocker anstelle von „normalen“ Seminarmöbeln).
Durchführung
- Bereiten Sie die Materialen vor und bitten Sie die TN, die vorgegebenen Kategorien der Canvas mit Inhalten zu füllen.
- Machen Sie deutlich, dass es darum geht, vielfältige und neuartige Ideen zu generieren. Diese müssen noch nicht alle stimmig ineinandergreifen, jedoch sollen sich die Teilnehmenden durch die Formulierung relevanter Ausgestaltungsmerkmale einem Lösungsansatz schrittweise annähern.
- Weisen sie darauf hin, während des Arbeitsprozesses stets die übergeordnete Problemstellung vor Augen zu haben und die ggf. bereits erarbeiteten Personas im Blick zu behalten.
- Räumen Sie kreative Gestaltungsspielräume ein: Die Leinwand kann direkt beschriftet werden, oder die Teilnehmenden bringen Post-Its bzw. Metaplankärtchen an. Mit Zeichnungen und Bildern innerhalb der Canvas dürfen die Ideen gerne zusätzlich visualisiert werden.
- Machen Sie deutlich, dass die vorgegebenen Kategorien möglichst vollständig bearbeitet werden sollen. Im Zweifelsfall können jedoch fehlende Kategorien von den Teilnehmern ergänzt werden.
- Begrenzen Sie die zur Verfügung stehende Zeit. Weisen Sie darauf hin, dass es weder um vollständig erschöpfende Antwortmerkmale noch um die übergeordnete Stimmigkeit der entwickelten Ideen geht. Im Mittelpunkt steht die Erarbeitung vielfältiger Ideen.
- Zurück im Plenum oder mittels eines 360°-Research können sich die Teilnehmenden über Ihre Canvas austauschen. In einer weiteren kurzen Arbeitsphase können Ergänzungen oder ggf. Änderungen vorgenommen werden.
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Die Canvas-Methode stammt ursprünglich aus dem betriebswirtschaftlichen Kontext und wird zur Strategieentwicklung in Unternehmen eingesetzt. Die klassischen Kategorie-Felder der Canvas umfassen daher Themengebiete wie Kunden, Angebot, Infrastruktur und finanzielle Ressourcen (bzw. who, what, how, how much). Diese werden wiederum in bis zu neun Feldern mit geeigneten Überschriften abgebildet (Osterwalder und Pigneur, 2011). Inzwischen ist die Arbeit mit einer Canvas auch eine beliebte Methode im Prozess des Design Thinking. Dort wird sie überwiegend in der Phase der Ideengenerierung eingesetzt. Die Aktionsform kann jedoch auch in vielen anderen Kontexten eingesetzt werden.
Die leeren Flächen der Leinwand laden dazu ein, eine Vielzahl von Gedanken innerhalb der einzelnen Kategorien festzuhalten. So entsteht eine große Anzahl unterschiedlichster Impulse. Diese Vielfalt ist gewollt, um anschließend aus der Fülle der Einfälle möglichst innovative, Erfolg versprechende Ideen herauszufinden zu können.
Im Design Thinking stellt eine gut befüllte Canvas die wesentliche Grundlage für das anschließende Prototyping dar.
Beispiele:
(1) Eine VHS möchte ihr bestehendes Portfolio überarbeiten, ihre derzeitigen Kunden mit innovativen Angebotsformen überzeugen und potenzielle neue TN durch die Nutzung moderner Informationskanäle erreichen. Die Gestaltungsaufgabe (= „Design-Challenge“) der VHS lautet dementsprechend: Wie müssen wir unser aktuelles Geschäftsmodell umgestalten, um weiterhin ein attraktiver Bildungsträger zu bleiben?
Im Prozess kommt eine Leinwand zum Einsatz, die der Struktur einer klassischen Business-Model-Canvas folgt. Die TN des Workshops brainstormen und diskutieren über neue Schlüsselpartner, Schlüsselaktivitäten und Ressourcen, machen sich Gedanken zu Wertangebot, Kundenbeziehungen und Kundensegmenten, bedenken Kostenstrukturen und Einnahmequellen und tauschen sich über denkbare Marketing- und Vertriebskanäle aus.
(2) Eine andere VHS dagegen hat sich die Neukonzeptionierung ihres Kursgeschehens auf die Fahne geschrieben. Der Fokus der mittels Canvas bearbeiteten Fragestellung liegt auf den Themen Methoden, Lernort und -dauer sowie auf den Trainer-Profilen.
In beiden Fällen arbeiten die Workshop-TN mit Konzentration und Freude an der großen Leinwand, diskutieren und notieren ihre Einfälle und bringen so zahlreiche neue Ideen auf den Weg.
4. Vorteile / Chancen – Nachteile / Probleme
Vorteile / Chancen:
- Bietet Raum für die Sammlung vielfältiger, grob vorstrukturierter Ideen
- Dient als verdichtete und vorstrukturierte Sammlung dem Austausch und der Weiterentwicklung von Ideen
- Kann komplexe Zusammenhänge und Wechselwirkungen verschiedener Anspruchsgruppen sichtbar machen, die bislang noch nicht bedacht wurden
Nachteile / Probleme:
- Setzt voraus, zumindest übergeordnete Kategorien des Lösungsansatzes formulieren zu können
- Wirkt nur in „groß“ und benötigt daher viel Raum und Material
- Zunächst bloße Sammlung von Ideen, die noch nicht auf interne Konsistenz geprüft werden
- Zu eng/präzise formulierte Kategorien bergen die Gefahr, dass die Teilnehmenden lediglich „altbekannte“ Inhalte einordnen, anstatt neue Ideen zu formulieren
Literatur: Gerstbach 2016, Lewrick/Link/Leifer 2017, Osterwald/Pigneur 2011, Uebernickel/Brenner 2015
Autor/in: Judith Koroknay, Sven Wippermann