Aktionsform

Gruppen-Speed-Dating

Die TN erhalten in abwechselnden Kleingruppen, die in kurzer Folge abwechseln, einen schnellen Zugang zum Thema und lernen sich untereinander kennen.

1. Einsatzmöglichkeiten

• zum Austausch von Vorkenntnissen und Praxiserfahrungen
• um sich interaktiv mit dem Seminarthema auseinanderzusetzen
• als kurzweilige Variante, sich gegenseitig kennenzulernen

2. So wird’s gemacht

Im Vorfeld:

• Bereiten Sie für Gruppen von min. 3 und max. 5 TN je eine leere Pinnwand vor, die ggf. für die unten stehenden Leitfragen vorgezeichnete Antwortfelder andeuten.
• Stellen Sie diese Pinnwände verteilt im Raum auf, z.B. in die Raumecken.
• Formulieren Sie 3 oder 4 Leitfragen und visualisieren Sie diese entweder auf Flipchart oder Präsentations-Software.

In der Seminarsituation:

• Bitten Sie die TN, sich vor den Pinnwänden nach Belieben zu platzieren. Die TN vor jeder Pinnwand bilden je eine Kleingruppe.
• Erläutern Sie die Vorgehensweise: Zur (ersten) Leitfrage sollen die TN in jeder Kleingruppe ihre jeweiligen Erfahrungen, Ideen, Überlegungen usw. lose austauschen und stichpunktartig auf der Pinnwand (im ersten Antwortfeld) festhalten. Weisen Sie die TN auf die hierfür knappe Zeit hin, max. 5 Minuten.
• Geben Sie ein Signal an die TN, mit dem Speed-Dating zu beginnen (z.B. Glocke, Schlag mit Stift gegen Glas, Klatschen o.Ä.). Beenden Sie die Runde nach max. 5 Minuten wieder mit dem Signal.
• Bitten Sie die TN, sich eine neue Position mit neuen, unbekannten TN vor einer anderen Pinnwand zu suchen. Präsentieren Sie die nächste Leitfrage und läuten die nächste Runde ein. Auch halten die TN erneut die Ergebnisse auf der jeweiligen Pinnwand fest.
• Wiederholen Sie die Abfolge Gruppenwechsel - Präsentation der Leitfrage – Startsignal - Schlusssignal für jede weitere Runde (Leitfrage).
• Sobald alle Leitfragen bearbeitet wurden, treffen sich die TN wieder im Plenum und betrachten abschließend in der Gesamtschau die Ergebnisse aller Pinnwände: Wo sind Gemeinsamkeiten, Schwerpunkte in den Antworten? Wo sind Unterschiede? Wo möchte jemand ergänzen?

Im Nachfeld:

• Erstellen Sie aus den Ergebnissen ein Fotoprotokoll. Die strukturierte Arbeitsweise bietet an, die Ergebnisse in eine digitale Tabelle zu überführen, um im Seminarverlauf an den gemeinsamen bzw. unterschiedlichen Wahrnehmungen und Erkenntnissen weiterzuarbeiten.

3. Didaktisch-methodische Hinweise

Die Aktionsform Gruppen-Speed-Dating kombiniert verschiedene didaktische Feinziele, die gewöhnlich zu Beginn eines Seminars angestrebt werden: gegenseitiges Kennenlernen, Abfrage von Vorkenntnissen und Erwartungen, erster inhaltlicher Erfahrungsaustausch. In einem kompakten zeitlichen Rahmen werden die TN aus einer passiven Komforthaltung zu Eigenaktivität und kommunikativem Austausch angeregt. Gleichzeit werden erste substanzielle Seminarergebnisse geschaffen.

Mögliche Leitfragen sind:

• Was verbinden Sie - ganz unbedarft - mit dem Seminarthema?
• Welche Aspekte des Themas sind Ihnen persönlich bzw. für Ihre Arbeitspraxis wichtig?
• Was machen Sie bereits erfolgreich? Wo sehen Sie Stärken Ihrer Organisation hinsichtlich des Themas?
• Was möchten Sie lernen? Welche Inhalte, Kenntnisse suchen Sie für sich? Wo sehen Sie Entwicklungsbedarf für Ihre Organisation?
• Was erwarten Sie von den Dozent(inn)en, Organisatoren und Teilnehmer(inne)n des Seminars?

Die didaktische Grundidee der Aktionsform ist es, über die gestuften Leitfragen und knappen Zeitvorgaben einen klaren formellen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen die TN zügig den kommunikativen Austausch weitgehend selbstgesteuert umsetzen. Der SL fungiert als Impulsgeber und achtet als Moderator lediglich darauf, dass die Zeit eingehalten wird (ähnlich wie bei Gruppenverfahren, z.B. World Cafe).

Der schnelle Wechsel zu immer wieder neuen Gruppenkonstellationen konfrontiert die TN mit mehreren verschiedenen Perspektiven auf das Seminarthema. Im Mittelpunkt stehen die subjektiven Wahrnehmungen bzw. Vorkenntnisse der TN zum Seminarthema, auf die dann im weiteren Verlauf des Seminars aufgebaut werden kann. Die Aktionsform verbindet in geschickter Form die erste inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Seminarthema mit dem persönlichen Kennenlernen über das gegenseitige Erzählen. Es ist dabei unwesentlich, ob sich einzelne TN untereinander bereits kennen oder nicht.

Die besondere Aufmerksamkeit erfährt die Methode über den Titel "Speed-Dating", der gewiss zunächst Assoziationen des Kennenlernens in außerpädagogischem Zusammenhang weckt. Die Sozialform Gruppenarbeit lenkt die Aufmerksamkeit aber sicher auf das Seminarthema bzw. den Seminarzusammenhang und vermag es gut, auch eher zurückhaltende TN zu Wort kommen zu lassen. Gleichwohl ist es denkbar, die Aktionsform insbesondere bei TN-Gruppen, die sich bereits gut kennen, in Partnerarbeit zu variieren ("Partner-Speed-Dating").

Am Ende der Methode steht eine reichhaltige Bandbreite von ersten Arbeitsergebnissen: Aus 3 bis 4 Runden mit je 3 bis 6 Pinnwänden entsteht ein erster Seminarerfolg. Wird die Aktionsform mit gleichlautenden Leitfragen in verschiedenen Seminargruppen eingesetzt, bietet die Aktionsform eine interessante Form der Bildungsbedarfsanalyse.

4. Vorteile / Chancen – Nachteile / Probleme

Vorteile / Chancen:

• TN werden aus der passiven Haltung im Plenum gelöst und setzen sich aktiv mit dem Thema bzw. anderen TN auseinander
• aufmerksame, konzentrierte Auseinandersetzung am Seminarthema
• Ergebnisse können im weiteren Seminarverlauf aufgegriffen werden

Nachteile / Probleme:

• zusätzlicher Raumbedarf außerhalb der Bestuhlung
• dominante TN und Meinungsführer können die Ergebnisse dominieren bzw. verfälschen
• infolge der knappen Zeit ist eine vertiefte Bearbeitung von Fragen und Antworten wenig möglich

Autor
Ulrich Iberer