Aktionsform
Planspiel
Infobox
Lernziel |
Kopf, Herz, Hand |
Konkretisierung |
bildhaft |
Aktivierung |
erarbeitend |
Sozialform |
Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Plenum |
Lernphase |
Erarbeiten, Integrieren |
Material/ Medien |
Teilnehmermaterial, Stifte, Papier (evtl. Kohlepapier), Schnellhefter |
Verwandte |
E-Learning, Fallbesprechung, Rollenspiel |
Teilnehmerzahl |
bis 25 |
Zeit |
2 Std., Tage |
oder: Entscheidungsspiel
Im Planspiel werden soziale Konflikte und Entscheidungen von Interessengruppen simuliert. Das Thema (ein politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Interessenkonflikt), die Handlungsräume und Rollen sind vorgegeben, der Spielausgang bleibt offen. Die Situation liegt auf einer institutionellen oder öffentlichen Ebene, verlangt strategisches Denken und Entscheidungen und folgt einem vereinfachten Modell der Realität. Die TN spielen Mitglieder von Organisationen oder Interessengruppen und versuchen, eine fiktive Ausgangslage zielgerichtet zu verändern. Der SL ist Spielleiter.
1. Einsatzmöglichkeiten
- um Entscheidungen und ihre Wirkungen durchzuspielen
- um Fertigkeiten für institutionelles und politisches Handeln zu trainieren (z.B. Konfliktlösungen)
- um die Funktionstüchtigkeit bestehender Systeme zu überprüfen
- als Entscheidungshilfe innerhalb eines konkreten Vorgangs
- um Gelerntes anzuwenden
- zur Einsicht in größere Zusammenhänge und Wechselwirkungen
Besondere Varianten (auch in Kombination):
- Unternehmens- bzw. Führungsplanspiele, um ökonomische und organisationale Zusammenhänge zu erproben,
- computerunterstützte Planspiele, bei denen die Entscheidungen der TN auf Grundlage komplexer Berechnungsmodelle ausgewertet werden (z.B. Fahrsimulationen),
- Online-Planspiele, in denen große TN-Gruppen orts- und zeitversetzt agieren und die besonderen Möglichkeiten des Internets nutzen (E-Learning).
2. So wird’s gemacht
Ein Planspiel selbst zu konstruieren ist schwierig und langwierig. Darum ist es einfacher, auf vorhandene Planspiele zurückzugreifen (vgl. Literaturhinweise).
Vorbereitung des Spiels
- Führen Sie in den Ablauf und die (schriftlich gefassten) Regeln des Planspiels ein.
- Sie stellen die (schriftlich gefasste) Ausgangslage und den Konflikt vor. Beschreiben Sie (schriftlich) die am Spiel beteiligten Interessengruppen (Gruppenrollen: z.B. Stadtrat, Bürgerinitiative, Presse) und ggf. die Rollenträger innerhalb dieser Gruppen (Einzelrollen: z.B. Bürgermeister, Sprecher der Bürgerinitiative, Chefredakteur).
- Bilden Sie die Spielgruppen bzw. verteilen Sie die vorgegebenen Gruppenrollen.
- Die Spielgruppen regeln die Einzelrollen und arbeiten sich in die Rolle(n) ein.
Durchführung des Spiels
Grundsätzlich: Die Kommunikation kann innerhalb einer szenisch vorstrukturierten Spielrunde stattfinden, die vom Spielleiter eröffnet wird (z.B. eine Sitzung des Stadtrates, einer Tarifkommission, einer Bürgerversammlung usw.). Der Spielverlauf kann aber auch zunächst offen bleiben. Die Gruppen tauschen sich über den Spielleiter schriftlich aus oder urch einzelne Sprecher. Immer versuchen die Gruppen bzw. Rollenträger, ihre eigenen Interessen durch Begründungen, durch Zweckbündnisse oder auch durch Öffentlichkeitsarbeit durchzusetzen.
- Die Spielgruppen diskutieren für sich eine gemeinsame Strategie (Ziele, Mittel) und treffen entsprechende Entscheidungen.
- Die Entscheidungen werden den anderen Gruppen mitgeteilt. Diese geben eine Rückmeldung.
- Die Entscheidungen einzelner oder/und die aller Gruppen werden ausgeführt.
- Der Spielleiter und die anderen Gruppen geben eine Rückmeldung.
- Der Vorgang wiederholt sich mehrmals. Die Ausgangsbedingungen verändern sich jedes Mal entsprechend den Ergebnissen.
Auswertung des Spiels
- „Wie haben Sie sich gefühlt? Welche Lösungen haben Sie gefunden? Welche Probleme tauchten auf? Entsprach das Spiel der Wirklichkeit? Was ist auf andere Wirklichkeiten übertragbar?“ usw.
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Die Spielziele, die die TN in der Dramaturgie des Planspiels zu erreichen suchen (z.B. der wirtschaftliche Erfolg in einem Unternehmensplanspiel), sind zu unterscheiden von den didaktischen Lehrzielen, die mit dem Einsatz eines bestimmten Planspiels verbunden sind (z.B. betriebswirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten). Spielziele können vom didaktischen Modell vorgegeben sein oder von den Spielern (Rollenträgern) selbst bestimmt werden. Dementsprechend unterschiedlich können Erfolgsbewertung und -vergleich ausfallen.
Ein Planspiel ist nur so gut, wie das ihm zugrunde liegende Modell die Realität abbildet. Wichtig ist weiterhin, dass es Spielregeln gibt und der Spielleiter seine Aufgaben wahrnimmt.
Spielregeln
- Die Ausgangslage und die Rollen können nicht mehr verändert werden.
- Der Spielleiter eröffnet und beendet das Spiel und darf es jederzeit unterbrechen.
- Jede Gruppe darf Presseerklärungen u.Ä. veröffentlichen.
- Beratungen der Gruppen werden protokolliert.
- Mitteilungen der Gruppen erfolgen schriftlich an und über den Spielleiter.
- Rückfragen können jederzeit an die Spielleitung gestellt werden.
- Innerhalb der Spielzeit darf nicht über das Spiel gesprochen werden.
Spielleitung
- Der Spielleiter muss die Situation und die einzelnen Rollen, d.h. die Wirklichkeit, gut kennen.
- Er vertritt die Wirklichkeit, d.h., er reguliert (z.B. zeigt Konsequenzen von Handlungen) und/oder greift in den Spielverlauf ein (z.B. vermeldet mögliche Ereignisse).
- Er protokolliert den Spielverlauf und reicht die Botschaften und Schriftstücke der Gruppen weiter. Er achtet dabei auf die Einhaltung der Spielregeln.
- Er kann bei Bedarf Reflexionsphasen einbauen.
- Um die aufwendigen Organisations- und Moderationsaufgaben zu bewältigen, empfiehlt es sich, die Aufgaben der Spielleitung auf mehrere Personen zu verteilen (z.B. in Form von Teamteaching).
Oft bleibt unklar, worin sich Planspiele von Rollenspielen unterscheiden. Es gibt eine Reihe von Unterschieden, die hierbei eine wichtige Rolle spielen:
|
Planspiel |
Rollenspiel |
Fokus |
Entscheidungen |
Haltungen |
Leiter |
vorhanden |
nicht vorhanden |
Zuschauer |
nicht vorhanden |
(in der Regel) vorhanden |
Modell |
im Kopf des Spielleiters |
in den Köpfen der TN |
Konflikt |
institutionell/öffentlich |
persönlich-privat |
Interaktion |
instrumentell-strategisch, verändernd, vermittelt und schriftlich, zeitraumbezogen |
kommunikativ-sozial, darstellend, face-to-face, zeitpunktbezogen |
Rolle |
Repräsentant einer Gruppe; pro Rolle evtl. mehrere Spieler, viele Spieler nötig/möglich |
Individiuum oder Menschentyp; pro Rolle nur ein Spieler,; wenige Spieler nötig/möglich |
Rahmen |
viel Zeit, Raum, Material |
wenig Zeit, Raum, Material |
4. Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme
Vorteile/Chancen:
- hoher Lerneffekt durch aktives und ganzheitliches Lernen
- Auswirkungen von Entscheidungen werden sichtbar, haben aber keine wirklichen Nachteile
- verdeutlicht das Wesentliche
- ermöglicht, praktische Erfahrungen zu sammeln
Nachteile/Probleme:
- untaugliches oder starres Spielmodell
- fantasielose Befangenheit in der Realität
- Manipulation durch Spielleiter
- aufwendig in Planung und Durchführung
Literaturhinweise: Jacobs 2010; Klippert 2008; Ochs 2002; Ochs 2006; Schweizer 2001
Dr. Balkes rät: „Es ist besser, das Planspiel als Veranstaltungsform zu verstehen und es mit möglichst vielen und verschiedenen Aktionsformen anzureichern, als es in den Zeitrahmen einer Aktionsform zu zwängen. Es erfordert in jedem Fall spielerfahrene und sachkundige Leitungen.“
Autoren: Ulrich Papenkort, Ulrich Iberer