Aktionsform
Lehrgespräch
oder: Unterrichtsgespräch
Die TN äußern sich zu Impulsen des SL. Dieser gibt den inhaltlichen Ausgangspunkt des Gesprächs vor oder legt ihn mit den TN gemeinsam fest. Er steuert den Ablauf durch seine Impulse und lässt die TN das (schon „feststehende“) Ergebnis finden.
1. Einsatzmöglichkeiten
- um in ein Thema einzusteigen
- um Vorkenntnisse der TN abzuklären
- um einen Sachverhalt zu erarbeiten (Alternative zum Vortrag)
- um Gelerntes festzuhalten
- um TN ins Gespräch miteinander zu bringen
2. So wird’s gemacht
- Vergegenwärtigen Sie sich noch einmal die wichtigen Kenntnisse und Einsichten, die wesentlichen Lösungen zum anstehenden Sach- oder Problemzusammenhang. Sie sollten von den TN im Verlaufe des Gesprächs entdeckt werden. Suchen Sie dafür geeignete Impulse (lat.: Anstoß, Antrieb, Anregung). Halten Sie evtl. die wichtigsten auf einem Spickzettel fest (vom Einfachen zum Schwierigen!).
- Nennen und skizzieren Sie den anstehenden Sach- oder Problemzusammenhang.
- Eröffnen Sie das Gespräch durch einen ersten Impuls. Dieser darf die TN mit ihren Vorkenntnissen und Interessen heraus-, aber nicht überfordern. Er soll vom Gesprächsziel her erste Spuren legen, auf und nach denen der Denkprozess zum gewünschten Ergebnis führen kann.
SL-Anregungen für Gesprächsimpulse:(1) der häufigste: Fragen stellen. Bitte stellen Sie keine Pseudofragen, bei denen die TN nur noch ein Wort oder Satzteil apportieren oder zwischen zwei Möglichkeiten “wählen“ dürfen (
Fragen), (2) der wichtigste: anregende Dinge oder Abbildungen von Dingen vor Augen führen, provokative Behauptungen äußern, Probleme formulieren (auch Bekanntes verfremden, verrätseln), (3) der einfachste: Aufforderungen geben, etwas zu beschreiben, zu erzählen, zu beurteilen, zu vergleichen, zu vermuten usw.
- Sie reagieren auf die ersten Reaktionen, Antworten, Lösungen, Äußerungen der TN mit weiteren Impulsen. Wo die TN mit eigenen Mitteln nicht weiterkommen, bringen Sie Ihr Wissen und Können ein. Fördern und steuern Sie das Gespräch:
SL-Anregungen für Gesprächsförderer:
(1) kurze Worte („Wirklich?“, „Genauer!“, „Überlegen Sie doch einmal!“, „Weiter!“, „Meinen Sie?“, „Hm“, „Das ist interessant“ usw.), (2) sprechende Blicke/ausdrucksvolle Mimik und Gestik (der Zustimmung, Ablehnung, Anfeuerung, Beschwichtigung, Aufmunterung, des Fragens, Hinweisens usw.), (3) beredtes Schweigen (erstaunt, fragend usw.).
- Fassen Sie das Gesprächsergebnis zusammen, sichern und vertiefen Sie es (z.B. durch Praxisbeispiele).
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Das Lehrgespräch ist die dominierende Aktionsform des Schulunterrichts (ca. 50% des gesamten, ca. 70% des Frontalunterrichts) und vielen aus eigener, oft leidvoller Erfahrung aus Schülerzeiten sattsam bekannt. TN, die schon an vielen und unterschiedlichen Veranstaltungen der EB teilgenommen haben, können darum befremdet bis widerwillig reagieren. Andere TN werden ein Lehrgespräch, da ihnen das Muster vertraut ist, dankbar und freudig aufgreifen. Benutzen Sie diese Gesprächsform mit vorsichtiger Zurückhaltung, da sie mehr Nach- als Vorteile bietet. Legen Sie Ihre Impulse nicht so eng an, dass nur noch wenige Reaktionen möglich sind. Wenn das Gespräch interessante Seitenwege beschreitet, zwingen Sie es nicht in Ihre vorgedachten Bahnen zurück.
Es gibt allerdings eine Variante, die auf jeden Fall zu vertreten ist: das fragend-entwickelnde Gespräch. Es ist eher selten und schwer zu handhaben. Hier erarbeiten die TN im Gespräch untereinander, mit eigenen Mitteln, aus eigener Sicht und getrieben von “natürlicher“ Neugier einen Sach- oder Problemzusammenhang. Sie halten sich als SL weitgehend zurück, erlauben Um- und Irrwege und schalten sich mit weiterführenden Impulsen (hier meist Fragen) erst ein, wenn Bedarf ist oder das Gespräch lange stockt.
Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme
Vorteile/Chancen:
- kontrollierbarer Lernprozess
- evtl. wegen des Rateeffekts spaßig und spannend
Nachteile/Probleme:
- TN wissen evtl. schon, was Sie am Ende wollen, und fühlen sich für „dumm verkauft“
- Beteiligung nur einzelner TN
Literaturhinweise: Bönsch 2008; Grell 2010; Lipp/Will 2008; Meyer 2009; Mischke/Raapke/Sielaff 1995; Moll/Liebherr 1998
Dr. Balkes rät: „Wenn Sie das ‘Ratespiel‘ betreiben, machen Sie deutlich, dass Sie es tun. Täuschen Sie nicht vor, dass es etwas anderes wäre. Eine Generalabrechnung hat das Lehrerehepaar Grell vorgelegt. Eine empfehlenswerte Lektüre!”
Autor: Ulrich Papenkort