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Aktionsform

Open Space

Infobox

Lernziel Kopf
Konkretisierung sprachlich
Aktivierung erarbeitend
Sozialform Gruppenarbeit, Plenum
Lernphase Erarbeiten
Material / Medien DIN-A3-Papier, Moderationsstifte, Klebeband oder Pinnwände mit Nadeln
Verwandte Moderationsmethode, World Café, Zukunftswerkstatt
Dauer 1 bis 3 Tage
Teilnehmerzahl 5 bis 1000

Kurzbeschreibung

Open Space ist ein Tagungsformat ohne vorher festgelegte Themen, d.h. ohne Tagesordnung, und ohne Referenten. Die Methode setzt auf intrinsische Motivation und auf Selbstorganisation der TN und wird nur formal, aber nicht inhaltlich gesteuert.

1. Einsatzmöglichkeiten

2. So wird’s gemacht

Einladen zur Veranstaltung

Eine Open-Space-Veranstaltung sollte man nur anbieten, wenn sie zum einen wirklich für alle Interessenten (keine weiteren Voraussetzungen) und auch nur für Interessenten (keine verpflichtende Teilnahme) und zum anderen im Ergebnis (keine bereits bekannten und vielleicht sogar erwünschten Antworten) offen ist. Wer auch immer wen zu einer Open-Space-Veranstaltung einlädt und warum, wie und wozu: Die Einladung sollte so kurz wie möglich ausfallen und nur folgende Elemente beinhalten:

Das Thema sollte möglichst als Frage formuliert werden. Diese sollte in einem doppelten Sinn offen sein: Sie kann nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden und schließt mit einem „Wir“ alle Interessenten mit ein. Sie sollte verständlich und anregend sein. Das Format Open Space sollte nicht erklärt, sondern nur benannt und als „bekannt, verbreitet, erfolgreich“ o.Ä. tituliert werden. Denn wer das Format schon kennt, braucht keine Erklärung. Wer es noch nicht kennt, wird eine Erklärung nicht verstehen. Eine idealtypische Open-Space-Veranstaltung dauert drei Tage und findet in angemessen vielen und großen Räumen statt – Zwischenzeiten wie Pausen und Zwischenräume wie Flure, Plätze etc. inbegriffen.

Vorbereiten des Raumes

Es wird ein Raum benötigt, der mit Reihenbestuhlung doppelt so viel TN fasst, wie für die Veranstaltung angemeldet sind. Die Wände bleiben möglichst frei von Bildern. Es können Papiere mit Klebestreifen angebracht werden. Ab einer größeren TN-Zahl werden zusätzliche Räume (ca. 5 pro 100 Teilnehmer) und offene Plätze (Flure, Garten, Halle, Schwimmbad etc.) für Arbeitsgruppen benötigt.

Tische werden hinaus-, die Stühle im Kreis (mit einigen wenigen Lücken zum Durchgehen) aufgestellt. Zur nächsten Wand bleiben wenigstens zwei Meter Abstand. Zur Not können die Stühle auch in bis zu drei konzentrischen Kreisen hingestellt werden.

In der Mitte des Kreises liegen auf dem Boden DIN-A3-Papiere und Filzstifte.

Eine Wand (auch aus Pinnwänden oder mit eigener dunkler „Papiertapete“), die Themenwand, ist in Form einer Matrix als „Stundenplan“ für die gesamte Veranstaltung gestaltet: mit 90-minütigen Arbeitszeiten in der horizontalen und den verschiedenen per Namen, Nummern oder Symbolen markierten Arbeitsorten in der vertikalen Achse. Im Vorfeld ist anhand der TN, der Zahl der Arbeitszeiten pro Tag und der gesamten Veranstaltungsdauer zu schätzen, ob eine zweite Wand benötigt wird.

Eine andere Wand, die Nachrichtenwand, steht für die Protokolle der Arbeitsgruppen zur Verfügung.

Im Raum verteilt hängen vier Plakate:

Eröffnen der Veranstaltung (10 bis 20 Min.)

1. Begrüßen

2. Fokussieren der Gruppe

3. Ansagen des Themas

4. Beschreiben des Verfahrens

Die ersten beiden der vier Schritte rücken die beteiligten Personen in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit: erst den Moderator (1), dann die TN (2). Die Fokussierung der Gruppe (2) erfolgt durch den Moderator, indem er langsam den Innenkreis abschreitet und die TN bittet, währenddessen die jeweils anderen TN bewusst wahrzunehmen. Mit dem Ansagen und näheren Erläutern des Themas (3) rückt der Inhalt und das mit ihm verbundene Anliegen in den Vordergrund. Vielleicht wird noch sein Entdeckungs- und Begründungszusammenhang skizziert. In jedem Fall sollte sich der Moderator kurz halten. Das auf Personen und Thema folgende Beschreiben des Verfahrens (4) sollte ebenfalls kurz ausfallen, muss aber wenigstens neben ein paar allgemeinen Worten zum besonderen Tagungsformat auf der einen Seite die vier Grundsätze und das eine Gesetz, auf der anderen Seite die Schritte zum Bilden der Arbeitsgruppen ansprechen.

Bilden von Arbeitsgruppen (30 bis 80 Min.)

5. Erstellen der Tagesordnung

6. Bilden der Arbeitsgruppen

Jeder TN überlegt sich ein Thema, das mit dem Hauptthema zusammenhängt und zu dem er etwas weiß oder wissen will. Damit bietet er zugleich (s)einen Workshop bzw. (s)eine Arbeitsgruppe an. Niemandem muss ein Thema einfallen, und jeder kann auch mehrere Themen nennen. Jedes Thema wird mit dem Namen des TN auf ein DIN-A3-Blatt geschrieben. Nacheinander treten die TN mit Thema in die Mitte des Kreises, nennen ihren Namen und ihr Thema („Ich heiße … und mein Thema lautet ...“) und erläutern es ggf. in aller Kürze, mit Kontext und persönlichem Bezug. Sie wählen dann für „ihr“ Thema und damit „ihre(n)“ Arbeitsgruppe/Workshop eine Zeit und einen Ort und hängen ihr Blatt in das entsprechende Feld der Themenwand. Auf diese Weise entwickelt sich sukzessive eine Tagesordnung für die Veranstaltung (5). Der Themengeber setzt sich wieder in den Kreis, und der nächste TN übernimmt für ein Thema Verantwortung. Im zweiten Schritt (6) wird in dem Sinne ein Marktplatz eröffnet, als sich alle TN alle Themenangebote anschauen, sich für einzelne entscheiden und entsprechend auf den Themenblättern eintragen. So entstehen die Arbeitsgruppen. Wenn sich TN für zeitgleich stattfindende Arbeitsgruppen interessieren, können sie mit den Themenverantwortlichen und anderen TN über eine zeitliche Verschiebung verhandeln. Auch die Zusammenlegung von ähnlichen Themen kann auf dem Marktplatz diskutiert werden.

Arbeiten in den Gruppen (je 60 bis 90 Minuten)

7. Besprechen der Themen

8. Protokollieren der Ergebnisse

Die Arbeitsgruppen besprechen ihre Themen selbstorganisiert bzw. ohne externen Moderator in der vorgesehenen Zeit am vorgesehenen Ort (7). Sie können einen internen Moderator bestimmen, der mit dem Themengeber identisch sein kann, aber nicht muss. Die Arbeitsweise, auch über ein bloßes Gespräch hinaus, ist nicht festgelegt. Wenn ein TN keinen Zugang zum Thema oder den beteiligten Personen findet, kann er den Workshop wechseln (Grundsatz 2). Wenn schon vor dem terminierten Ende nichts mehr zu besprechen ist, können sich die TN in andere Workshops begeben oder pausieren (Grundsatz 3). Wenn die vorgesehene Zeit nicht ausreicht, kann sich die Gruppe vertagen, zur Not auf Pausenzeiten (s. Grundsatz 4). Mögliche Ergebnisse der Gespräche werden vom Themengeber stichwortartig (zusammen mit dem Thema, dem Themengeber und den Gruppenteilnehmern) auf einem DIN-A3-Papier protokolliert (8) und noch während der Veranstaltung an die Nachrichtenwand gehängt.

Für manche, vor allem kürzere Open-Space-Veranstaltungen sind die Protokolle das Ergebnis der Veranstaltung. Sie enden dann mit dem Erstellen eines Abschlussberichts, den jeder TN mit nach Hause nehmen kann. Dazu werden die Protokolle vervielfältigt (auf DIN-A4-kopiert), nummeriert und gebündelt.

Bilden von Initiativen (40 bis 90 Minuten)

9. Lesen der Protokolle

10. Vereinbaren von Treffen

Oft, insbesondere bei längeren Veranstaltungen, sind zusätzlich noch erste Transferschritte in die Praxis außerhalb und nach der Veranstaltung vorgesehen. Dazu werden die Protokolle an der Nachrichtenwand in Ruhe gelesen und auf entsprechenden Ergänzungsblättern kommentiert. Dadurch kommt es zu einer Vernetzung der Themen und Ergebnisse untereinander (10). Auch ihre gemeinsame Sortierung und individuelle Gewichtung kann sinnvoll sein. Ganz abgerundet wird die Veranstaltung, wenn es nach ihr und mit ihrem Leitthema weitergeht. Dazu finden sich wieder alle im Kreis ein, in dem einzelne TN nacheinander (schriftlich und mündlich) Vorhaben vorschlagen, um sich dann zusammen mit ihrem entsprechenden Papier an einer Stelle im Raum zu positionieren. Alle, die sich an einem Vorhaben beteiligen wollen, vereinbaren Zeit und Ort eines ersten Treffens und tauschen ihre Kontaktdaten aus (10).

3. Didaktisch-methodische Hinweise

Open Space ist von Haus aus keine Aktions-, sondern eine Veranstaltungsform – und zwar weniger zum Lernen als vielmehr zum Arbeiten. Die meist zu den Großgruppenverfahren gezählte Veranstaltungsform wurde ab 1985 in den USA von dem Organisationsberater Harrison Owen (1935) unter dem Namen „Open Space Technology“ für Tagungen (Kongresse, Symposien etc.) entwickelt, um ganz entschieden die (unterschiedlichen) Motivationen, Kompetenzen und Erfahrungen von (vielen) TN berücksichtigen und diese untereinander in intensive und produktive Gespräche auf Augenhöhe bringen zu können – insbesondere zu komplexen Themen und offenen Fragen, für die alle Beteiligten großes Interesse aufbringen. Open Space erhebt die Produktivität von unstrukturierten Gesprächen in den Kaffeepausen sonstiger Tagungen zum Prinzip und macht sie strukturiert nutzbar. Das engl. „open“ kann dabei sowohl als Adjektiv (= offener Raum) als auch als Verb (= Öffne Raum!) übersetzt und verstanden werden. Open Space schafft und sichert, im wörtlichen und übertragenen Sinne, Zeiten und Räume für Gespräche.

Für Open Space werden die didaktisch-methodischen Hinweise, getrennt nach TN und Moderatoren, gleich explizit und prägnant formuliert mitgeliefert. Für die TN werden sie auf Plakate geschrieben und während der Veranstaltung aufgehängt. Die einzelnen Tage beginnen, von der Eröffnung am ersten Tag abgesehen, mit einer Morgenrunde (zur Ergänzung der Tagesordnung) zusammen mit allen TN. Sie schließen, von der Abschlussrunde am letzten Tag (zur Reflexion der Gesamtveranstaltung) abgesehen, mit den Abendnachrichten (zum Austausch individueller Erfahrungen) im Plenum.

a) Vier „Grundsätze“ und ein „Gesetz“ für die TN

b) Vier Imperative und eine These für die Moderatoren

4. Vorteile/Chancen – Nachteile/Probleme

Vorteile / Chancen:

Nachteile / Probleme:

 

 

 

Literaturhinweise: Maleh 2002, 2000; Owen 2008, 2000; Petersen 2000; Witthaus/Wittwer 2000

Autor: Ulrich Papenkort

Dr. Balkes rät: „In der Psychiatrie ist Agoraphobie (Angst vor weiten und leeren Plätzen), das Gegenstück zur Klaustrophobie (Angst vor engen Räumen), eine bekannte Diagnose. In nicht pathologischer Form kann sie beim Open Space auftreten und sowohl TN als auch die Moderation nachhaltig verunsichern. Behalten Sie diese Möglichkeit im Auge, damit Sie eine anfängliche Zurückhaltung von TN einordnen können und selbst nicht der Versuchung erliegen, auch inhaltlich die Kontrolle über das Tagungsgeschehen zu übernehmen, also den Raum (teilweise) zu (einem Closed Space) schließen.“