Entscheidungen in Gruppen herbeiführen (Teil 2) – Kriterienmatrix, moralische Algebra, Entscheidungsstift

Der erste Teil zum Thema „Entscheidungen in Gruppen herbeiführen“ hat sich mit einfachen Methoden beschäftigt, um den Favoriten aus einer Reihe von Entscheidungsoptionen herauszukristallisieren. Die geschilderten Vorgehensweisen haben dabei das Abstimmungsverfahren – und nicht die Diskussion der möglichen Entscheidungsausprägungen – in den Mittelpunkt gestellt. Aber ohne Diskussion geht es nicht! Erst durch das „darüber sprechen“ werden Entscheidungen transparent und verständlich – und es kommen mehr als die vordergründig wichtigen Argumente auf den Tisch.

Heute stelle ich an dieser Stelle drei Methoden vor, die den Entscheidungsprozess in einer Gruppe voranbringen können! Und die geeignet sind, die wichtige Diskussion über die Entscheidung zu befeuern!

Vielschichtig und auskalkuliert: die Kriterienmatrix

kriterienmatrixDie Kriterienmatrix hört sich in der Beschreibung zwar kompliziert an, ist es aber eigentlich gar nicht. Das Vorgehen lässt sich vielfältig variieren, einen möglichen Ablauf illustriere ich hier mit der Anschaffung einer neuen Kaffeemaschine für die Teamküche. Die alte Filterkaffee-Maschine ist kaputt, nun soll Ersatz her. Darüber ist man sich einig. In einer Teambesprechung werden viele Vorschläge eingebracht: von der ausschließlichen Verwendung von löslichem Kaffee, über Kapsel- oder Padmaschinen bis hin zu einem Vollautomaten. Man kommt nicht zu einer Entscheidung und die Diskussion dreht sich im Kreis. So kommt man zu einem Ergebnis:

  • Im ersten Schritt alle Varianten aufschreiben.
  • Dann abfragen: „Was ist uns an der neuen Maschine wichtig?“. Die genannten Kriterien werden ebenfalls sichtbar notiert.
  • Wie wichtig sind uns diese Kriterien? Was ist besonders wichtig? Man kann den genannten Kriterien nun einen Gewichtungsfaktor zuweisen oder eine Rangreihenfolge bilden.
  • Am Flipchart (oder auch in Excel und mit einem Beamer) wird nun eine Tabelle aufgebaut und gefragt, wie gut die jeweilige Maschine das Kriterium erfüllt. Das kann wieder über eine Rangreihe erfolgen oder über ein Punkteschema („drei Punkte für: erfüllt das Kriterium bestmöglich; ein Punkt für: Das Kriterium wird kaum oder gar nicht erfüllt“).
  • Die in der Diskussion genannten Werte werden nun in die Tabelle eingetragen und ausmultipliziert.

Natürlich ist dieses Verfahren auch nicht ohne Tücken. Schon alleine an der Gewichtung der Kriterien können sich Diskussionen entfachen, ganz zu schweigen von der Bewertung der genannten Vorschläge hinsichtlich der „Kriterienerfüllung“. Dieses Verfahren sollte man in Gruppen also eher dann zum Einsatz bringen, wenn man eben ausdrücklichen Wert auf die Diskussion der Entscheidung legt!

Für schwer greifbare Pro-Contra-Sachverhalte: „moralische Algebra“

moralische-algebraKeine Sorge, im Gegensatz zur Kriterienmatrix erfordert die moralische Algebra keine Kopfrechnen-Fähigkeiten. Vielmehr werden bei der Methoden schwere Entscheidungen dadurch greifbar gemacht, dass man Einzel-Argumente gegeneinander aufwiegt und aus der Betrachtung entfernt.

Beispiel: Es steht die Entscheidung an, ob man den Vertrag mit dem Reinigungsdienstleister verlängern soll oder nicht. Es gibt sowohl Argumente dafür, als auch dagegen.

 

  • Die in der Diskussion genannten Argumente werden in einer Zweifeldertafel gesammelt.
  • Ist die Sammlung abgeschlossen, versucht man auf der linken wie rechten Seite in etwa gleichwertige Argumente zu finden. Diese werden durchgestrichen.
  • Sind die gleichwertigen Argumente von der Liste entfernt, dann werden die übrig gebliebenen ins Verhältnis gesetzt, beispielsweise nimmt man ein sehr starkes Argument für Variante 1 und sucht sich entsprechend viele schwächere Argumente für Variante 2. Ist ein Gleichgewicht da, dann werden diese Argumente von der Liste gestrichen.
  • Wenn nur noch Argumente für eine Variante vorhanden sind, dann ist damit die Wahl auch schon so gut wie getroffen.

Hingucker: Der Entscheidungs-Stift (paarweiser Vergleich)

Immer dann, wenn mehrere ähnlich attraktive Varianten im Raum stehen, kann der Entscheidungsstift helfen. Bei dieser Methode werden alle infrage kommenden Varianten gegeneinander gewichtet und in Relation gesetzt. Auf diese Art und Wiese kann man selbst in einem unübersichtlich wirkenden Feld von Varianten eine bevorzugte Variante ausfindig machen.

entscheiden-in-gruppen-mit-entscheidungsstiftSo funktioniert es:

  • Die Entscheidungsoptionen werden untereinander aufgelistet.
  • Der Tabelle gibt man nun die Stift-Anmutung. Das muss man einmal üben, dann klappts auch am Flipchart vor einer Gruppe!
  • Die Varianten werden nummeriert. Dann werden die Varianten gegeneinander gewertet. Jeweils die Nummer des „Gewinners“ wird eingetragen.
  • Zum Schluss wird ausgezählt. Die Variante mit den meisten Nennungen ist der Favorit.

 

Im nächsten Teil der Reihe “Entscheidungsfindung in Gruppen” geht es um das Thema “Fairness bei bei demokratischen Entscheidungen”, Gruppendynamik im Entscheidungsprozess und wie man mit “systemischem Konsensieren” den Weg für widerstandsarme Entscheidungen bereitet.


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