Heute präsentieren wir im methodium-Blog einen Gastbeitrag der Trainerin Sylvia Class. Es geht um Teams und Türme – eine Übung die wir auch gerne einsetzen und die bei den Teilnehmern immer viel spielerische Energie freisetzt!
Von Teams und Türmen …
(Sylvia Class, cokreativ Nürtingen, www.cokreativ.de)
Dass die allseits bekannte Turmbau-Übung nicht nur fürs Managementtraining geeignet ist, habe ich mehrfach im Rahmen eines „Soziale-Kompetenz-Trainings“ mit einer Gruppe junger Heranwachsender erleben dürfen. Für die Teilnehmer zwischen 16 und 20 Jahren, die gerade ihr „Freiwilliges Soziales Jahr“ über einen bundesweiten Träger absolvieren und durch die alljährliche Projektwoche in den Genuss dieser Veranstaltung kamen, war es mitunter doch eine Herausforderung, sich mehr oder weniger „unfreiwillig“ so intensiv mit Themen wie Wertschätzung, Emotionen und Selbstwahrnehmung sowie Kommunikation und Konflikten auseinanderzusetzen.
Umso wichtiger ist es für mich als Trainerin, der Gruppe Abwechslung und viel Raum für Teilnehmer-Aktivität anzubieten. So stand dann also am dritten Seminartag nachmittags die Turmbau-Übung auf dem Plan. Diese fügte sich wunderbar in die inhaltlichen Themen ein – mit ihr können ein wertschätzender Umgang, klare Kommunikation und Kooperation geübt und reflektiert werden. Und Spaß ist auch noch dabei.
So läuft’s ab:
- Zu Beginn wird die Gruppe in zwei Teams aufgeteilt, je nach Teilnehmer-Anzahl werden pro Team ein bis zwei Beobachter bestimmt. Die beiden Teams bilden wiederum zwei Unter-Teams, die sogenannten Worker und Planer. Aufgabe der Planer ist es, den Turm zu planen und die der Worker, den Turm zu bauen, und zwar aus dem bereitgestellten Material (in diesem Fall 1 Pinnwandpapier, 2 Flipchartbögen, 10 rechteckige und 4 ovale Moderationskarten, Schere, Kleber). Hierfür haben sie 60 Minuten Zeit.
- Am Ende werden beide Türme sowie die auf einem Flipchart aufgezeichneten Baupläne der Planer von einer Jury (dies können die Beobachter und der Trainer sein oder andere Personen, die sich gerade in der Nähe befinden – wie Hotelpersonal, Bürokollegen o.a.) nach den Kriterien Höhe, Standfestigkeit und Originalität bewertet.
- Die Beobachter bekommen ein Blatt mit hilfreichen Fragestellungen, beobachten die Prozesse und die Kommunikation in und zwischen den jeweiligen Unterteams und halten ihre Wahrnehmungen schriftlich fest.
- Am Ende – nach der „Siegerehrung“ – geben sie den Teams Feedback. Zur Siegerehrung hat es sich übrigens bewährt, eine Runde Süßigkeiten als Belohnung zu spendieren…
Erfahrungen mit der Übung:
Die Herausforderung beim Turmbau besteht in der Hauptsache darin, dass die Worker und die Planer in separaten Räumen arbeiten und ausschließlich über jeweils einen „Abgesandten“ außerhalb ihrer Arbeitsräume Informationen austauschen dürfen. Da das erste Treffen planmäßig erst nach 10 Minuten statt findet, fangen in der Regel auch die Worker schon an, sich Gedanken zu machen und planen ebenfalls – und um die wertvolle Zeit zu nutzen, wird in manchem Worker-Team ausprobiert, was das Zeug hält und im Eifer des Gefechts manchmal auch schon Material verschnitten, welches die Planer aber noch einkalkuliert haben. Die Arbeitsweise der Teams ist erfahrungsgemäß sehr unterschiedlich. Wie im wahren Leben agieren in manchen Teams alle gleichberechtigt, in anderen wiederum kristallisieren sich Einzelne heraus, die die (informelle) Führung übernehmen und den Prozess steuern.
Spannend wird es oft auch gegen Ende der Bauzeit – durch den Zeitdruck legen die Teilnehmer sich nochmal richtig „ins Zeug“ oder einzelne ziehen sich raus und schmeißen sozusagen „die Flinte ins Korn“. Einige Workerteams setzen sich vollständig über ihr Planerteam hinweg, am Ende wird dann auf den Bauplan gezeichnet, was die Worker gebaut haben, und nicht was die Planer ursprünglich geplant hatten – alles in gutem Einvernehmen.
Tatsächlich an einem Strang zu ziehen erfordert für die Teams ein hohes Maß an Disziplin und Kooperation – sich darauf einlassen können, was die anderen zur Lösung beitragen, obwohl man selbst vielleicht schon die Ideallösung im Kopf zu haben glaubt, ist für viele ein Lernprozess. Auch die Wettbewerbssituation kann bei den Teilnehmern Druck aufbauen.
Eine ausführliche Feedbackrunde und Reflexion über die Zusammenarbeit insgesamt auch aus Sicht der Planer und Worker ist daher wichtig und unerlässlich, damit auch Dinge, die nicht so gut funktioniert haben, keine schwelenden Konflikte in der Gruppe heraufbeschwören.
Quellenhinweis für die Turmbau-Übung:
Dr. Kathrin Heckner, Evelyne Keller: Teamtrainings erfolgreich leiten
managerSeminare Verlags GmbH, ISBN 978-3-941965-13-3
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