Es ist 10:30 Uhr, in einer halben Stunde beginnt mein Seminar. Alles ist aufgebaut, die Flipcharts hängen, die Pinwände sind präpariert. Ich bin gut vorbereitet, und auf dem Stuhl neben mir liegt mein sorgfältig ausgetüftelter “Seminarfahrplan” …
Aber ich weiß noch immer nicht, wie ich die zweite Einheit eröffnen will. Und: Soll ich nach der Kaffeepause das neue Klatschspiel machen, das ich vor kurzem kennen gelernt habe? Da fällt mir noch ein: Habe ich kontrolliert, ob die Flips in der richtigen Reihenfolge hängen…?
Gerade noch rechtzeitig ertappe ich meinen Perfektionismus, wie er wieder einmal nach mir greift. Ich atme lange aus – und lasse los.
Gleich werden die ersten Teilnehmer kommen. Ich will von Anfang an präsent und für sie da sein. Da heißt es jetzt: mich selbst zentrieren und erden; selbst zur Ruhe kommen; ganz hier, ganz bei mir zu sein; mich frei machen von Vorüberlegungen, Plänen und Gedanken, leer. Dann kann ich, aus meiner Mitte heraus, auf die Teilnehmer zugehen und mich ihnen mit voller Konzentration zuwenden.
Mein Plan und die letzten Details sind jetzt nicht mehr so wichtig. Ein gutes Trainingsdesign ist eine feine Sache, aber das „wirkliche Leben“ ist nicht der Plan. Gelingendes Lernen entfaltet sich im Hier und Jetzt, in der Interaktion mit meinen Teilnehmern. Und die ist immer offen. Nur in dieser Offenheit für das, was miteinander im Dialog entsteht, kann sich der „fruchtbare Moment“… ereignen.
Es klingt so einfach, und doch: Auch nach vielen Jahren Seminar- und Trainingspraxis ist das „ZEN des Seminarbeginns“ immer wieder eine Herausforderung.
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