Ich war für ein paar Tage in Rom. Nachdem ich mich vor kurzem in einem Beitrag für methoden-kartothek.de mit „Mobile Learning“ befasst habe, war der Kurzurlaub auch wieder mit einem kleinen Selbstversuch verknüpft: „Wie kann mich mein iPhone noch besser beim Recherchieren, mich Informieren und beim Sprachen lernen (Italienisch :-) ) unterstützen?“.
Noch wichtiger aber wurde für mich dann die Frage: Was bleibt noch für die Erwachsenenbildung, wenn die digitale Technik so umfassend, passgenau und effektiv beim Lernen unterstützen kann?
John Naisbitt prägte in den 90er Jahren den Ausdruck „High Tech – High Touch“ und vertrat dabei die These, dass die persönliche Kommunikation auch in unserem Zeitalter der Hochtechnologie eine große Bedeutung behalten werde. Nun mutet uns zwar heute die sogenannte „High Tech“-Technik der 90er-Jahre des letzten Jahrtausend als vorsintflutlich an. Doch ich glaube, dass die These auch heute noch gilt, womöglich noch mehr, als vor 20 Jahren. Und ich würde sie gerne ergänzen: Learning – High Tech, Teaching – High Touch.
Learning: High Tech
Mobile Technik wie Smart-Phone und Tablett bieten eine beinahe unerschöpfliche Bandbreite an Möglichkeiten für Recherche und Information. Um beim Rom-Beispiel zu bleiben:
- Schon ein paar Tage vor der Abreise hatte ich mein Handy auf die Betriebssprache Italienisch eingestellt (Einstellungen, Internationales). Jedes Mal, wenn ich damit umgehe, bekommt mein Gehirn zahlreich Impulse, mein „Italienisch-Sprachzentrum“ zu aktivieren.
- In vielen Museen, aber und teilweise auch bei Kirchen, Brunnen, Standbildern , kann man ortsbezogene Infos über QR-Codes abrufen
- Wir hatten in unserer kleinen Reisegruppe von 5 Leuten 3 Reiseführer dabei. Aber selbst drei Führer zusammen boten selten auch nur annähernd so viel Information, wie man über Wikipedia und google in kürzester Zeit recherchieren kann. Ich will den Reiseführer nicht missen! Aber dort, wo ich etwas in die Tiefe gehen will, ist die digitale Technik unschlagbar. Wir hatten lange Diskussionen am Abend, als wir die eine oder andere Frage, die uns untertags begegnet ist, noch nachgeschlagen haben.
- Ich will auch nicht meinen Stadtplan auf Papier nicht missen, aber das Sattelitenbild der Ruinen von Ostia-Antica auf GoogleMaps war für die Planung unseres Ausflugs dorthin unübertroffen.
- Wir waren bei einer Audienz bei Papa Francesco auf dem Petersplatz. Sein Italienisch ist sehr gut zu verstehen, aber es war richtig gut, das am Abend auf YouTube noch einmal anhören zu können.
Das sind nur einige wenige Beispiele (und ich bin sicher, dass ich die Möglichkeiten meines iPhones nur zu einem sehr kleinen Teil ausschöpfe). Trotzdem: für das selbstorganisierte Lernen „vor Ort“ (oder sehr nahe dran) bietet die neue Technik unvergleichliche Möglichkeiten.
Teaching: High Touch
Was bleibt dann noch für die Erwachsenenbildung?
Ich denke, dass es nach wie vor einen großen Bedarf an den „klassischen“ Formen des Präsenzlernens gibt. Gerade im Zeitalter der medialen Kommunikation schätzen immer mehr Menschen wieder die unmittelbare Kommunikation mit Anderen. Präsenzlernen kann seinen Platz behaupten, so meine These, wenn wir konsequent auf das setzen, was nur beim Präsenzlernen möglich ist:
- Gelegenheiten für den persönlichen Austausch mit Anderen (z.B. in attraktiv gestalteten Phasen der Partner- und Gruppenarbeit);
- gut moderierte Foren für Beratung und Begleitung (z.B. kollegiale Beratung und Coaching-Angebote);
- ganzheitliche, auch körperlich akzentuierte Lernerfahrungen (z.B. erlebnispädagogische Einheiten);
- Übung von neuem Verhalten in praxisnahen Szenarien (z.B. ein Konfliktgespräch führen)
Auch für Information und Wissensvermittlung gibt es noch Bedarf, wenn die entsprechenden Einheiten
- „kurz und knackig“ sind,
- gute, übersichtliche Strukturen bieten,
- in ein Themengebiet wirklich gut einführen,
- in interaktive Lernphasen eingebettet sind,
- durch bewegte Pausen“ aufgelockert werden
- einen guten Überblick zu einem Wissensgebiet bieten.
P.S. 1: Einziges Manko: die Online-Kosten im Ausland sind immer noch viel zu hoch. Deswegen schalte ich im Ausland „mobile Daten“ aus und bin auf das WiFi in Hotels und Gaststäten angewiesen. Das schränkt die Möglichkeiten etwas ein. Aber mir macht es nicht sehr viel aus, mir die paar Dinge, die ich mehr wissen möchte zu notieren, und dann am Abend im Hotel nachzusehen.
P.S. 2: Beim nochmaligen Lesen ist mir aufgefallen, dass vor dem Hintergrund von Missbrauchsfällen der Ausdruck „Teaching: High Touch“ eine unglückliche Zweideutigkeit bekommen kann. Das meine ich damit natürlich nicht!
P.S. 3: Wer mehr über „Mobiles Lernen“ und die Möglichkeiten von „Smartphone/Tablet“ lesen will: Anbei zwei Leseproben aus der nächsten Nachlieferung zu methoden-kartothek.de, die in Kürze online geht: Infokarte “Medium Smartphone/Tablet”; Infokarte “Special Mobile Learning”.
P.S. 4: Einen herzlichen Dank an unsere Ludwigsburger Kollegen Prof. Dr. Steffen Schaal und Prof. Dr. Armin Lude, mit denen wir bei den beiden Info-Karten zusammen gearbeitet haben!
Schreibe einen Kommentar