Führungstraining mit Pferden oder Hunden, erlebnispädagogisches Arbeiten im Hochseilgarten oder in Höhlen, Großgruppenverfahren wie Open Space, World Café oder Appreciative Inquiry, technologie-gestützte Verfahren wie E-Learning, Blended Learning oder Mobile Learning mit Smartphone und Tablet …. die Liste der Lehr- und Trainingsverfahren, die für sich beanspruchen, innovativ zu sein ist lang. Doch ist alles, was neu ist auch sinnvoll?
Was sind „Innovative Lehr- und Lernverfahren“?
Der Begriff Innovation geht zurück auf das lateinische Wort „innovatio“ = Erneuerung, Veränderung. Barz (2006) definiert Innovation als „… die mit technischen, sozialen oder wirtschaftlichem Wandel einhergehenden Neuerungen“, …, die zur neuen, fortschrittlichen Lösung eines bestimmten Problems angewendet“ werden.
Kaiser/Ant (1998) gehen von einem ähnlichen Innovationsverständnis und verstehen pädagogische Innovationen als die „… Lösung pädagogischer Praxisprobleme mit Hilfe bislang nicht eingesetzter oder zur Verfügung stehender Verfahrensweisen…“. Diese Lösungen bieten Antworten „auf Probleme, die mit den bisher eingesetzten Mitteln nicht optimal gelöst werden konnten“
Im didatisch-methodischen Bereich können innovative Verfahren können entsprechende Neuerungen an einer Vielzahl von Elementen vorgenommen werden:
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In der Regel ist jedoch nicht „alles“ neu, sondern einzelne Elemente oder die Kombination von Elementen sind neu. Vor diesem Hintergrund will ich allen weiteren Überlegungen die folgende Arbeitsdefinition zugrunde legen:
Innovative Lehr- und Lernmethoden sind solche methodischen Ansätze und Verfahren, die durch eine spezifische Kombination von methodischen Elementen neue Lösungen für pädagogische Fragestellungen/Problemstellungen bieten. |
Sinnvolle Innovation oder modisches Trendsurfen?
Auch der Weiterbildungsmarkt wird von Moden geprägt. Verfahren wie die oben beispielhaft genannten durchlaufen typische Zyklen: Sie erscheinen neu auf dem Markt, meist mit dem Versprechen außergewöhnlicher Lernergebnisse und/oder Kostenersparnis, werden hip und als der neueste Schrei in den einschlägigen Zeitschriften beschrieben, werden in der Avantgarde innovativer Unternehmen und Organisationen eingesetzt, dann folgt die breite Masse – und bald darauf ebbt der Hype wieder ab. Das einst innovative Verfahren gilt als alter Hut, neue Stars sind inzwischen aufgegangen.
Zugegeben, diese Beschreibung ist etwas überzeichnet. Aber sie hat einen wahren Kern. Zu oft folgen Weiterbildungsverantwortliche aktuellen Moden und setzen Methoden ein, weil diese gerade „in“ sind, während so manches bewährte Verfahren in Vergessenheit gerät, obwohl es doch durchaus noch einiges zu bieten hat. So kommt es dann zu einem falsch verstandenen „Methodenzauber“ und einem oft unprofessionellen, wenig zielbezogenem Methoden-Einsatz.
Um festzustellen, ob es sich um eine echte Innovation handelt oder nur um modisches Trendsurfen, empfehle ich zwei Prüffragen:
- Welches Problem wird durch das Verfahren (besser) gelöst?
- Welches Bedürfnis/welcher Bedarf wird besser befriedigt
Ein Beispiel:
Im Jahr 2008 erschien die englische Originalausgabe von Garr Reynolds Buch „Presentation Zen: Simple Ideas on Presentation Design and Delivery“ (gefolgt von „Präsentation Zen Design“ und „The Naked Presenter“, beide 2010). Reynold verspricht eine neue Form des Präsentierens, mit dem die Adressaten einer Präsentation besser erreicht werden und die so eine bessere Wirkung entfaltet (www.presentationzen.com). Dazu – und das ist das neue an seinem Ansatz – überträgt Reynolds Prinzipien und Ideen aus dem ZEN und aus der Japanischen Kunst und Kultur auf die Gestaltung von Präsentationen.
Nun zu meinen beiden Prüffragen:
- Welches Problem wird mit Presentation Zen besser gelöst?
- Welches Bedürfnis/welcher bedarf wird befriedigt?
Im Informationszeitalter ist die Vermittlung von Informationen an andere Menschen zu einer Daueraufgabe geworden. Und in vielen Unternehmen und Organisationen haben die Menschen genug von langatmige Powerpoint-Schlachten mit Unmengen textlastiger, schlecht gestalteter Folien.
Reynolds räumt auf damit – im besten Sinne des Wortes. Er zeigt wenige, gut durchdachte, ästhetisch ansprechende und emotional bewegende Folien mit wenig Text und vielen Bildern. Ein Beispiel können Sie hier ansehen: http://tedxtalks.ted.com/video/TEDxTokyo-Garr-Reynolds-Lessons
Ein Fazit
Wo Menschen durch neue Aufgaben und komplexe Problemstellungen herausgefordert werden, greift traditionelles Lernen oft zu kurz. Wir brauchen neue Wege des Lehrens und Lernens, sie können eine große Hilfe sein und wertvolle Dienste leisten.
Es ist in Ordnung, neue Technologien auszuprobieren hinsichtlich ihrer Potenziale. Es ist in Ordnung, einfach einmal etwas Neues auszuprobieren, eben weil es neu ist und spannend klingt. Aber wir sollten im Auge behalten, worum es eigentlich geht: Menschen zu helfen, ihre privaten oder beruflichen Aufgaben besser zu bewältigen, indem sie lernen können, was sie dazu brauchen.
Literatur:
Barz, Heiner (2006): Innovation: Modische Worthülse oder Überlebensfrage? In: Ders., Hg.: Innovation in der Weiterbildung: Was Programmverantwortliche heute wissen müssen. Ziel: Augsburg
Kaiser, Arnim/Ant, Marc (1998): Pädagogische Innovation: Begriff, Merkmale, Impulse. In: Grundlagen der Weiterbildung 2, S. 54-57
Reynolds, Garr (2008): Presentation Zen. Simple Ideas on Presentation Design and Delivery“.Berkeley: New Riders
Reynolds, Garr (2010): Präsentation Zen Design. Simple Design Principles and Techniques to Enhance Your Presentations. Berkeley: New Riders
Reynolds, Garr (2010): The Naked Presenter. Delivering Powerful Presentations With or Without Slides. Berkeley: New Riders
P.S.: Die Frage nach dem Pferd beantworte ich ein anderes Mal …
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