“Planning Poker” – oder: was Moderatoren aus dem agilen Projektmanagement übernehmen können (Gruppenentscheidungen Teil 5)

Über einen Kollegen wurde ich auf einen sehr schönen und angenehm unaufgeregten Artikel zum Thema “Agiles Management” aufmerksam. Der Organisationssoziologe Stefan Kühl beschreibt darin, was er von schnelllebigen Management-Methoden hält. Unter anderem greift er auch den Trend-Begriff der Agilität auf: “Die Prinzipien der Agilität sind alles andere als neu. Beeindruckend ist lediglich die Kreativität, mit der immer wieder neue Begrifflichkeiten ins Feld geführt werden, die die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen umschreiben.” Mir gefällt der Artikel, und ich unterschreibe viele Aussagen gerne. Aber trotzdem bin ich dankbar, dass mit dem Trend zu Scrum und Agilem Projektmanagement auch eine Renaissance klassischer Moderationstugenden und -Techniken einher geht. Ich freue mich, wenn meine Arbeit mit Flipchart und Kärtchen positiv aufgenommen wird und aktuell sogar als extrem modern gilt. Denn neben meiner eigenen Überzeugung ist ja auch die Überzeugung der Kunden erforderlich, und da ist die Bereitschaft sich wieder auf “analoge Medien” einzulassen tatsächlich spürbar gestiegen. Und es ist wirklich längst nicht alles neu: Scrum Boards, Taskboards, User Stories, eine hohe Bedeutung der Visualisierung – das alles ist für Moderatoren nicht wirklich neu. Man könnte also auch fragen: Was hat das Agile Projektmanagement von der klassischen Moderation übernommen.

Link zum Artikel “Die agile Organsiation ist kalter Kaffee”: http://www.humanresourcesmanager.de/ressorts/artikel/die-agile-organisation-ist-kalter-kaffee-671303360

Letztlich ist es aber auch ganz egal, wer sich bei wem bedient. Hauptsache die Methoden sind gut, wirkungsvoll und unterstützen die Zusammenarbeit von Menschen. Eine der Techniken, die klassisch dem “Agilen Projektmanagement” zugerechnet wird ist “Planning Poker”.

Eine typische Situation, die nicht nur in Scrum-Meetings häufig anzutreffen ist: Ein Thema wird diskutiert und es soll Klarheit über den der Aufwand hergestellt werden (bzw. das Risiko, die Umsetzungsdauer, etc.). Einer der Meeting-Teilnehmer formuliert seine Ansicht und Einschätzung. Häufig passiert danach nichts mehr, selbst wenn in der Gruppe nicht alle die Einschätzung teilen.

Die Ursache dafür, dass der Rest der Gruppe “stumm” bleibt, können vielfältig sein:

  • “Liegt ja recht nahe an meiner Einschätzung.”
  • “Lieber nix sagen, sonst startet wieder eine lange Diskussion. Und ich will endlich fertigwerden.”
  • “Der hat ja keine Ahnung. Sollen die mal sehen wo die mit so einer Prognose hinkommen.”
  • “Worum geht´s gerade? Ich brauch dringend eine Pause – kann gar nicht mehr folgen.”
  • “Wenn ich mich jetzt mit meiner komplett anderen Einschätzung zu Wort melde, dann halten mich wieder alle für den Super-Pessimist…”

In so einem Fall hilft die Arbeit mit Abstimmungskarten. Damit lässt sich auf einen Schlag ein schnelles Stimmungsbild der Gruppe einholen – mit allen Positionen. Dies kann dann der Ausgangspunkt für eine echte Klärung sein.

Nicht nur in moderierten Meetings, sondern auch im Training oder im Hörsaal lassen sich Abstimmungskarten gut einsetzen. Der Sitzungsleiter stellt dabei eine Frage und auf ein Signal halten alle eine Karte mit der eigenen Einschätzung hoch. Die dazu erforderlichen Spielkarten-Sets kann man selbst anfertigen oder auch fertig bestellen.

Typische Kartensets umfassen beispielsweise

  • eine rote, eine grüne und eine gelbe Karte (gut für Abstimmungen)
  • die Werte  0, ½, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 20, 40, 100, ? und eine Kaffeetasse (klassisches Scrum-Poker-Set)
  • happy Smiley, unhappy Smiley, Plus-Symbol, Minus-Symbol, Blitz (als Symbol für “Konflikt”)

Natürlich muss jeder Teilnehmer über ein  eigenes und vollständiges Set an Karten verfügen und man ist nicht auf vorgegebene Sets angewiesen. Natürlich kann man auch für die eigene Zwecke passende Symbole verwenden. Aber Vorsicht: vor allem am Anfang lieber mit einem überschaubaren Kartenset arbeiten. Und bei allem Charme des Spielkartenformats – eine rote und eine grüne Moderationskarte tut es bei einfachen Fragen auch.

Und nun viel Vergnügen beim Pokern!


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.