Aktionsform
Bewegung/Tanz
Unterricht ist nicht nur geistig, sondern auch körperlich anstrengend, vor allem wenn dabei viel im Sitzen gearbeitet wird. Ein ganzer Tag Sitzen ist physiologisch hochgradig belastend. Bewegungsphasen bieten hier Ausgleich und Abwechslung. Wenn anfängliche Hemmungen überwunden sind, macht sich oft befreites Lachen breit. Die TN danken es Ihnen, wenn sie sich zwischendurch mit Spaß bewegen dürfen! Zwanglose körperliche Bewegungen sind auch ein hervorragendes Mittel, Anspannung und Angst abzubauen. Bewegung verhilft zu körperlicher und psychischer Lockerheit und unterstützt die Entwicklung von Gelassenheit. Körperliche Aktivität kann sich während der gesamten Lebensspanne positiv auf die Struktur und Funktionsweise des Gehirns und damit auch auf die Lernleistung auswirken.
Es gibt inzwischen eine Vielzahl an Studien, die den positiven Zusammenhang zwischen Bewegung und Lernen untermauern (vgl. z.B. Kubesch u.a. 2009).
Bewegungen, die unmittelbar mit dem Lernen verknüpft werden, unterstützen das Behalten, z.B. pantomimisches Nachvollziehen von Bewegungen beim Sprachenlernen („I drink a cup of tea“) oder Hantieren mit Symbolen/Bildkarten/Originalmaterial beim Sachlernen (z.B. „Hardware“-Komponenten des Computers zusammensetzen). Vor allem der kinästhetisch-haptische Lerntyp profitiert von solchem, alle Sinne einbeziehenden Lernen. Reichhaltige Erfahrungen zum „multisensorischen Lernen“ werden in der Suggestopädie gesammelt (siehe z.B. Dhority 1993). Unter dem Stichwort „Bewegte Schule“ entwickelten sich in den letzten Jahren eine Vielzahl hervorragender Beispiele für die Bedeutung und die Möglichkeiten von Bewegung in der Schule (siehe Internetressourcen).
1. Einsatzmöglichkeiten
- um das Gehirn zu beleben, die Sauerstoffversorgung zu unterstützen und den Kreislauf in Schwung zu bringen; das hilft, frische Energie zu gewinnen und wieder munter zu werden
- um körperlichen Spannungen vorzubeugen und vorhandene Spannungen abzubauen
- um Entspannung zu fördern, Stress abzubauen, eine gelockerte Atmosphäre zu schaffen
- um miteinander spielerisch Kontakt aufzunehmen und die Gemeinschaft zu erleben
- zur Vorbereitung von kreativen Arbeitsphasen: Körperliche Bewegung unterstützt geistige Beweglichkeit
- zur besseren Verankerung von Lerninhalten
2. So wird’s gemacht
Die Liste möglicher Bewegungen ist unendlich, nachfolgend nur eine kleine Auswahl an Anregungen. Beginnen Sie Ihre eigene Sammlung an Übungen/Bewegungen! Bei der Anleitung der Bewegungsübungen können Sie unseren Hinweisen bei Vormachen folgen.
- Einfache Gymnastikübungen, z.B. „Autofahrergymnastik“, „Bürogymnastik“: Reck-, Streck-, Dehnübungen, Schulterkreisen, Armkreisen, Fäuste ballen und loslassen, Bizeps anspannen und loslassen, auf den Fersen balancieren, auf einem Bein stehen, Kaubewegungen, Grimassen schneiden usw.
- Übungen für die Augen, z.B. die Augen mit den Händen sanft bedecken, die Augen nicht schließen, die Augen leicht nach links drehen, leicht nach rechts drehen, auf und ab etc.
- „Fingerübungen“: Alle TN halten ihre Hände hoch; sie Klopfen erst mit dem Zeigefinger, dann mit dem Mittelfinger usw. auf den Daumen; andersherum zurück; jetzt mit der rechten Hand in die eine Richtung, mit der linken in die andere usw.
- „Ausschütteln“: im Kreis stehend, zu lockerer Musik einen Körperteil nach dem anderen ausschütteln: „Finger der rechten Hand …, rechte Hand …, ganzer Arm …, jetzt dazu mit den Fingern der linken Hand … usw., den rechten Fuß …, den Kopf …, den Po …, den ganzen Körper schütteln“ usw.
- „Follow the Leader“: im Kreis stehend, lockere Musik, eine Person gibt eine zur Musik passende Bewegung vor, alle anderen machen nach. Wenn der “Leader“ nicht mehr möchte, gibt er einem anderen ein Zeichen (z.B. mit dem Kopf zunicken).
- „Luftballon-Tanz“: Alle bekommen einen Luftballon, blasen ihn auf, schreiben vielleicht den eigenen Namen oder malen ein Symbol darauf und schubsen ihn vor sich her durch das Zimmer: mit den Händen, dem Kopf, einem Fuß usw.
- „Mit der Nase“: den eigenen Namen schreiben, ganz klein, ganz groß, ein Gesicht malen usw.
- „Äpfelpflücken”: in einem imaginären Garten herumgehen und Äpfel pflücken (strecken) bzw. aufsammeln (bücken).
- „Geometrie“: eine Schlange bilden. Sie gehen dann zusammen durch den Raum und laufen dabei Figuren: eine Acht, ein Dreieck, ein Quadrat, ein Rechteck, eine Drei, eine Meereswelle, einen Baum mit Ästen usw.
- „Mit Gesten sprechen“: Alle stellen sich in zwei Reihen auf, Abstand ca. 2–3 m. Am Ende der Reihe macht einer eine einfache Geste: Hände schütteln, Staub wischen, etwas Unfassbares erblicken usw. Sein Gegenüber greift die Geste auf und verändert sie. Das setzt sich fort, bis die ganze Reihe durch ist. Dann geht’s zurück.
- „Überkreuzbewegungen“: linkes Knie heben, dazu die rechte Hand auf den linken Oberschenkel legen; rechtes Knie heben und die linke Hand auf den rechten Oberschenkel legen usw.; geht genauso mit der linken Hand ans rechte Ohr und umgekehrt oder: Hand zum anderen Ellenbogen; mit flotter Musik unterlegen.
- Qi Gong und Tai Chi: Auch viele Übungen aus diesen asiatischen Künsten lassen sich – manchmal in vereinfachter Form – in Seminaren einsetzen. Falls Sie selbst eine dieser Künste üben – umso besser!
Wenn die TN schon ein bisschen vertraut miteinander sind, können Sie auch Übungen mit Körperkontakt einsetzen:
- „Rückendrücken“: Jeder TN sucht sich einen etwa gleich großen Spielpartner. Beide stellen sich Rücken an Rücken und gehen gemeinsam los, einer vorwärts, einer rückwärts; abschließend umgekehrt.
- „Bär und Maus“: einen Kreis bilden. Außerhalb des Kreises ist ein Bär, der versucht, eine Maus zu fangen, die der Kreis schützt.
- „Knäuel“: Alle gehen mit geschlossenen Augen langsam durch den Raum. Wer jemandem begegnet, gibt ihm eine Hand und bleibt stehen. Auch für die freie Hand muss noch ein Partner gefunden werden. Wenn alle ruhig stehen: Augen auf und Knäuel entwirren.
- „Gemeinsam aufstehen“: Paare bilden, die sich Rücken an Rücken auf den Boden setzen und versuchen, gemeinsam aufzustehen. Eventuell zur Hilfe die Handflächen aneinanderdrücken. Geht auch zu dritt.
- „Lotsenspiel“: Paare bilden, einer schließt die Augen. Der andere führt ihn durch akustische Signale, z.B. Summen, Pfeifen, Piepsen, mit einer Triangel, Klanghölzern, durch den Raum. Setzt das Signal aus: stehen bleiben. Der sehende Partner ist für den blinden verantwortlich und muss ihn vor Zusammenstößen usw. schützen. Anschließend Rollentausch.
- „Kreistänze“: Ideale Möglichkeiten gemeinsamer Bewegung zur Musik bieten einfache internationale Kreistänze (z.B. aus Israel, Griechenland; siehe Internetressourcen).
Inhaltliche Verankerung
Bewegungen eignen sich auch hervorragend zur Verankerung von Lerninhalten. Ein einfaches erstes Beispiel ist die Verknüpfung des eigenen Namens mit einer Handbewegung (Vorstellungsrunden).
Generell ist es möglich, jede beliebige Bewegung mit einem Lerninhalt zu verknüpfen. Durch diese Bewegung lassen sich dann Lerninhalte leichter abrufen.
Die „hohe Schule“ der inhaltlichen Verankerung besteht jedoch darin, eine Bewegungsübung zu entwickeln, die eine gewisse Analogie zum Lerninhalt beinhaltet (s.a. Symbolisieren).
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Viele TN haben zunächst Vorbehalte gegenüber Bewegungsübungen und -spielen. Beginnen Sie deswegen mit einfachen, unproblematischen Übungen, z.B. Gymnastik. Laden Sie die Gruppe ein, ein bisschen zur Abwechslung, zur Lockerung zu tun: „Sie werden sehen, wie gut das tut.“ Wie bei vielen Neuerungen ist es natürlich von großem Vorteil, wenn Sie selbst einmal an einem Seminar teilnehmen, in dem mit Bewegung gearbeitet wird. Das erleichtert Ihnen, das neue Element selbstverständlich und begeisternd im eigenen Seminar einzuführen.
Literaturhinweise: Broich 2005b; Dhority 1993; König 2007; Kubesch 2007; Kubesch u.a. 2009; Lander/Zohner 1998; Müller 2003; Reichel 1992; Teml 1998; Thiesen 2000; Vopel 2006; Xinggui 2007;
Autor: Ulrich Müller
Internetressourcen:
Bewegte Schule, www.bewegteschule.de
Kreistänze: CD und Heft mit Tanzanleitung, z.B. Beginners Dances, Dancing Circles; erhältlich bei Tanzversand Dieter Balsis, www.tanzversand.de