Aktionsform
Themenspeicher
Themen, Fragen und Aspekte, die nicht sofort besprochen oder diskutiert werden sollen, werden für eine Bearbeitung zu einem späteren Zeitpunkt für alle sichtbar notiert.
1. Einsatzmöglichkeiten
- um Fragen festzuhalten, die erst zu einem späteren Zeitpunkt bearbeitet werden können
- um Themen vorrübergehend zurückzustellen
- als Gedächtnisstütze für den SL, um keine wichtige Frage zu vergessen
- als Grundlage für eine Priorisierung von Themen
- um mit konfliktträchtigen Themen, kritischen Einwänden oder Rückfragen umzugehen
2. So wird’s gemacht
Auf einer für alle sichtbaren Pinnwand oder einem Flipchart werden im Laufe des Seminars aufkommende Fragen und Themen der TN gesammelt.
So gehen Sie vor:
- Informieren Sie die TN über Sinn und Zweck des Themenspeichers. Erläutern Sie, wie die Themen auf die Liste kommen. Dies kann z.B. immer dann erfolgen, wenn in der Diskussion Fragen aufkommen, die sich nicht sofort beantworten lassen, z.B. weil dies zu lange dauern würde oder die Frage zwar wichtig ist, aber ihre Beantwortung zu einem späteren Zeitpunkt angebrachter erscheint, z.B. weil sie zu einem anderen Tagesordungspunkt gehört.
- Sie können die Themen ausschließlich selbst festhalten („Wenn wir ein Thema nicht direkt beantworten können, dann nehmen ich es für Sie in den Themenspeicher auf“), oder Sie regen die TN an, den Themenspeicher selbstständig zu befüllen („Wann immer Sie das Gefühl haben, dass eine Frage offen geblieben ist oder unzureichend beantwortet wurde, schreiben Sie Ihre Frage auf eine Karte und pinnen Sie diese an der Themenspeicher-Pinnwand an!“).
- Verdeutlichen Sie, wie Sie mit den Rückmeldungen umgehen werden. Gehen Sie entweder situativ oder regelmäßig in Blöcken auf die Punkte im Themenspeicher ein („Ich sehe, dass wir zu diesem Aspekt eine passende Frage im Themenspeicher haben“ bzw. „Nach jedem Themenblock schauen wir auf den Themenspeicher“). Sie können auch von Anfang an in Ihrem Plan (und auf der Agenda) einen Abschnitt „offene Fragen“ einplanen und dort die noch offenen Themen abarbeiten.
- Eine elegante Möglichkeit besteht auch darin, die Überprüfung, ob Fragen beantwortet wurden, an die TN zu delegieren („Wenn Sie das Gefühl haben, dass eine Frage im Themenspeicher durch den Vortrag beantwortet ist, dann nehmen Sie die Karte ab. Fragen Sie kurz ins Plenum ob alle damit einverstanden sind“); vgl. Fragen-Antworten-Speicher.
Varianten
In der Regel dient der Themenspeicher der Sammlung offener und noch nicht bearbeiteter Punkte. Es sind jedoch auch andere Ausgestaltungen möglich:
- „Erkenntnisspeicher“ Anstelle offener Punkte werden im „Erkenntnisspeicher“ regelmäßig, zum Beispiel jeweils zum Abschluss einer Einheit, die wichtigsten Erkenntnisse zusammengetragen.
- „Nicht im Fokus“-Liste Oft sprechen die TN Themen an, die im Seminar nicht behandelt werden können. Solche Themen können in einer „Out of Scope“-Liste gesammtelt werden. Das hilft, bei Diskussionen schneller wieder zum eigentlichen Ziel zurückzukehren.
3. Didaktisch-methodische Hinweise
Die Arbeit mit einem Themenspeicher ist ein klares Signal an die TN: „Im Mittelpunkt des Seminars stehen Ihre Interessen“. TN erhalten durch den Themenspeicher die Möglichkeit aktiv Einfluss auf das zu nehmen, was im Seminar passiert. Das bietet vielfältige Chancen, aber auch einige Fallstricke.
- Vorsicht vor unklaren Formulierungen Achten Sie darauf, dass in den Themenspeicher möglichst konkrete Fragestellungen eingebracht werden. Bitten Sie ggf. die TN sogar zur Umformulierung von Fragen, damit sich diese später auch präzise und klar beantworten lassen. Schärfen Sie Fragen, aber nicht lediglich in Ihrem Sinne, sondern behalten Sie den Wortlaut der Frage möglichst bei.
- Vorsicht vor zu hohen Erwartungen Wird in Aussicht gestellt, dass man als TN Themen einbringen und adressieren darf, dann wird das in der Regel sehr positiv aufgenommen. Allerdings sollte immer klar sein, was mit den Punkten im Themenspeicher passiert. Klären Sie vorab, wie Sie mit dem Inhalt des Themenspeichers umgehen werden, d.h.ob die angesprochenen Fragen situativ und „on the fly“ bearbeitet werden oder ob es dafür ein gesondertes Zeitfenster geben wird, z.B. jeweils zum Ende eine Einheit. Sonst besteht die Gefahr, dass die Teilnehmer mehr oder anderes erwarten, als Sie tatsächlich leisten können oder wollen. Es ist auch legitim, Fragen ganz auszuklammern, weil sie einen zu großen Komplex ansprechen. Sie können das humorvoll kommentieren („Können Sie noch einen weiteren Tag hier bleiben?“). TN werden es Ihnen danken, wenn Sie dennoch zumindest kurz darauf eingehen („Das ist eigentlich ein eigenes Seminar wert. Aber ich will Ihnen wenigstens eine erste Antwort geben …“).
- „Von wem war dieser Punkt?“ Halten Sie nicht nur die Frage im Themenspeicher fest, sondern auch den Namen des Fragenden. Dadurch können Sie gezielt Rückmeldungen geben und schaffen ein höheres Gefühl der Verbindlichkeit.
- „Abgehakt!“ Leeren Sie den Themenspeicher, indem Sie Karten in eine Ecke der Pinnwand hängen die mit „erledigt“ überschrieben ist. Bei der Sammlung am Flipchart haken Sie behandelte Punkte ab.
- Alternative Formen nutzen Ein Themenspeicher kann unterschiedlich gestaltet sein. Bei wenig verfügbarem Raum kann beispielsweise die Innenseite der Tür genutzt werden, anstelle von Karten können Post-Its verwendet werden etc.
- „Das haben wir jetzt beantwortet, oder?“ Hängen Sie Karten nicht einfach ohne Erläuterung oder Rückfrage ab! Lassen Sie sich bestätigen, dass der Punkt auch im Sinne des TN geklärt ist, wenn Sie Karten abhängen oder Punkte abhaken.
- Vermeiden Sie: „Oh, jetzt haben wir leider keine Zeit mehr.“ Reservieren Sie ausreichend Zeit, um zum Ende eines Seminars den Themenspeicher tatsächlich zu leeren und/oder den Umgang mit den Punkten zu klären, die offen geblieben sind. Verlässlichkeit ist hier absolut notwendig.
- Themenspeicher, um bei konfliktträchtigen Themen Zeit zu gewinnen Im Themenspeicher lassen sich auch schwierige Themen „parken“. So lassen sich Störungen eingrenzen oder kritische Einwände vertagen (Störungen). Sie gewinnen Zeit und können sich womöglich in einer Pause kurz vorbereiten. Allerdings ist dieses Mittel nur dann effektiv, wenn das Thema zu einem späteren Zeitpunkt auch wirklich aufgegriffen wird. Bekommen die TN den Eindruck, dass lediglich „auf Zeit“ gespielt wird, um eine Frage oder ein Thema zu vermeiden, dann verliert diese Methode ihre Wirksamkeit.
- Themenspeicher-Pate Vergeben Sie eine „Seminar-Rolle“, bei der ein TN darauf achtet, dass unklare Punkte aufgenommen werden bzw. beantwortete Punkte abgehakt werden.
- Kurzvorträge zur Beantwortung Insbesondere bei mehrtägigen Seminaren gewinnen Sie mit dem Themenspeicher Zeit, um sich auf einzelne Fragen etwas vorzubereiten. Sie können zu einzelnen Themen „Mini-Vorträge“ vorbereiten, mithilfe derer Sie die Fragen beantworten. Eine elegante Methode besteht darin, die Fragen auf eine andere Pinnwand umzupinnen und Ihre Antworten auch mit einigen wenigen Karten zu visualisieren. Damit kann auch dieser TOP sehr gut im Fotoprotokoll dokumentiert werden.
4. Vorteile / Chancen – Nachteile / Probleme
Vorteile / Chancen:
- TN bestimmen Inhalt des Seminars aktiv mit
- Einfach umzusetzen
- Verantwortung an die TN zu übertragen entlastet den SL: Alle relevanten Aspekte werden abgedeckt
- Eröffnet die Chance, kritische Themen vorübergehend auszuklammern
Nachteile / Probleme:
- Kann bei enger Agenda/straffem Programm zu Zeitproblemen führen
- Erfordert Platz
- Werden zu viele Themen genannt, dann ist die eigentliche Agenda gefährdet
- Führt u.U. zu einer langen Liste unbearbeiteter Themen am Ende eines Seminars oder Workshops
Autor: Jan-Torsten Kohrs
Dr. Balkes rät: „In meinen Seminaren und Workshops ist ein Themenspeicher ein ,Muss‘. Viele TN sind erst dann beruhigt, dass eine Fachfrage auch wirklich beantwortet wird, wenn diese sichtbar im Themenspeicher untergebracht wurde. Aber Achtung: Lassen Sie den Themenspeicher nicht zu einem ,Themengrab‘ verkommen!“