Seminar-Methoden: Ein Wegweiser durch den Methoden-Dschungel

Wer Seminare plant, dem steht heute ein großes Angebot an kreativen Methoden zur Verfügung. Doch damit stellt sich auch eine zentrale Frage: Wie kann man die jeweils passende Methode finden? Geht es doch in Seminaren nicht darum, ein »Methodenfeuerwerk« abzubrennen und dem jeweils neuesten Trend hinterher zu laufen. Weiterbildung soll und will Lernen ermöglichen. Daher steht im Vordergrund, die für die Vermittlung bestimmter Ziele und Inhalte am besten geeigneten Methoden einzusetzen. Dafür gibt es keine festen Algorithmen. Seminare zu planen ist ein kreatives Jonglieren mit vielfältigen methodischen Gestaltungsmöglichkeiten. Dennoch kann man den Prozess mit systematischen Hilfsmitteln unterstützen. Hier setzt unser »Wegweiser durch den Methoden-Dschungel« an, der für methoden-Kartothek.de entwickelt wurde. Der Wegweiser ermöglicht einen gezielten Zugriff auf Methoden nach zentralen didaktisch-methodischen Kriterien. Methodische Entscheidungen beziehen sich auf ein ganzes Bündel von Aspekten. Wir differenzieren diese verschiedenen Aspekte und führen sie in einer umfangreichen Tabelle wieder zusammen, wie die Abbildung zeigt (ein Klick auf das Bild und es öffnet sich).

Ausschnitt Wegweiser 02

Aktionsformen, gemeinhin auch als »Methoden« bezeichnet. Wir verstehen darunter bestimmte Grundmuster, nach denen Lehrende und Teilnehmende in Seminaren (inter-)agieren, wie z.B. »Aquarium«, »Fallbesprechung«, »Impulsmethode« oder »Vortrag«. Wir haben eine Bestandsaufnahme von vielen bewährten und innovativen Aktionsformen gemacht und sie hinsichtlich verschiedener Merkmale analysiert. In der der breiten Spalte links im Wegweiser finden Sie eine alphabetisch geordnete Liste von über 100 Aktionsformen. Die Markierungspunkte in den folgenden Spalten zeigen, welche Kriterien eine Aktionsform jeweils erfüllt.

Lernziele: Ausgangspunkt für methodische Entscheidungen sind die angestrebten Ziele einer Veranstaltung bzw. einer Lehreinheit. Aktionsformen eignen sich mehr oder weniger stark für bestimmte Lernziele. Wir greifen auf eine bewährte Einteilung in kognitive (= »Kopf«), affektive (= »Herz«) und psycho-motorische (= »Hand«) Lernziele zurück, und haben die Aktionsformen hinsichtlich ihrer Eignung für diese drei Dimensionen eingeschätzt.

Lernphasen: Jeder Lehr-Lernprozess muss in einzelne Lernschritte gegliedert werden, die sinnvoll aufeinander aufbauen. Für diese Gliederung sind in der Didaktik verschiedene Modelle entwickelt worden, sog. Artikulationsschemata. Wir haben unserer Systematik ein einfaches Schema zugrunde gelegt, mit den Phasen »Einsteigen«, »Erarbeiten«, »Integrieren« und »Auswerten«. Die beiden erst- und der letztgenannte Begriffe sprechen für sich, »Integrieren« bedarf vielleicht der Erläuterung. Neues Wissen muss, um dauerhaft behalten zu werden, in die vorhandenen Wissensstrukturen eingearbeitet und mit dem Bekannten verknüpft werden; neues Können muss geübt werden. Die dafür nötigen Lernschritte bezeichnen wir mit »Integrieren«. Im Wegweiser haben wir markiert, für welche der vier Lernphasen sich eine spezifische Aktionsform jeweils eignet.

Sozialformen: Seminare sind ein soziales Geschehen. Die jeweils gewählte Sozialform schafft die Grundlage für die Interaktionsstruktur im Seminar. Wir unterscheiden vier Sozialformen: Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit und Plenum. Aktionsformen lassen sich jeweils mit einer oder mehreren dieser Sozialformen kombinieren, manche sind fest mit einer bestimmten Sozialform verknüpft (z.B. der Vortrag: Plenum), andere organisieren Handlungen, die in einer spezifischen Abfolge von Sozialformen erfolgen (z. B. »Wachsende Gruppe«: Partnerarbeit, Gruppenarbeit…).

Aktivierung: Aktionsformen ermöglichen den Teilnehmenden mehr oder weniger Aktivität. Wir unterscheiden drei Stufen: vor allem der Lehrende aktiv = darbietend (z.B. bei einem Vortrag); Lehrende und Lernende anteilig aktiv = interaktiv (z.B. Unterrichtsgespräch, Impulsmethode); vor allem die Teilnehmenden aktiv = erarbeitend.

Konkretisierung: Lernen bedeutet, sich Wissen, Können und Haltungen zur uns umgebenden natürlichen, sozialen und kulturellen Wirklichkeit anzueignen. In Seminaren wird eine Auseinandersetzung mit Ausschnitten dieser Wirklichkeit organisiert. Dazu muss die »Welt« auf geeignete Weise in den Seminarraum geholt werden. Das kann zum einen unmittelbar an der Wirklichkeit erfolgen, z.B. wenn Teilnehmende einen biologisch bewirtschafteten Bauernhof direkt vor Ort erkunden: den Stall besichtigen, Proben vom Kompost nehmen etc. Der Kontakt zwischen den Lernenden und der Welt kann bildhaft sein, z.B. bei einem Lichtbildervortrag, aber auch bei Simulationen in Rollen- oder Planspielen etc. Und der Kontakt kann sprachlich vermittelt sein, z.B. wenn über biologische Landwirtschaft in einem Seminar nur gesprochen wird.

Teilnehmerzahl und Zeitbedarf: In den letzten beiden Spalten des Wegweisers finden Sie grobe Angaben zur Teilnehmerzahl und zum Zeitbedarf.

Der Wegweiser ermöglicht es so, gezielt nach passenden Aktionsformen zu suchen. Wer z.B. zu Beginn eines Seminars (Lernphase: Einsteigen) bereits ein affektives Lernziel (= „Herz“) erreichen möchte, kann in den Spalten Lernziel und Lernphase nach Markierungen suchen. Der Wegweiser führt u.a. zu den Aktionsformen „Aufstellung“, „Bildbetrachtung“ oder „Erzählen“.

Wie exakt ist unser Wegweiser?

Es ist so eine Sache mit methodisch-didaktischen Entscheidungen: Sie erfolgen immer mit einem Rest an Unsicherheit. Meist kann man das Eine tun oder das Andere – und mit beidem liegt man vielleicht richtig. Ähnlich verhält es sich auch mit unseren Einschätzungen und Empfehlungen hinsichtlich der Kombination von Lernphasen, Sozialformen und Aktionsformen und unseren weiteren Bewertungen der Aktionsformen. Wir haben unsere Charakterisierung nach gründlicher Überlegung und Diskussion vorgenommen. Die Zuordnungen sind erfahrungsgesättigt, aber nicht im strengen wissenschaftlichen Sinne empirisch geprüft. Über Vieles könnte man noch trefflich streiten: Kann man ein Brainstorming wirklich noch mit 30 Teilnehmern machen, oder wird das schon bei 25 schwierig? Eignet sich ein Vortrag wirklich nicht für affektive Lernziele (= »Herz«)? Gehen wir nicht manches Mal tief bewegt aus einem Vortrag?

Der Wegweiser stellt eine orientierende Heuristik dar. Wir bitten, diese Empfehlungen cum grano salis zu nehmen. Vielleicht lässt sich im Einzelfall das Brainstorming auch noch mit 35 Teilnehmenden durchführen, und vielleicht zieht eine begnadete Rhetorikerin Ihre Zuhörerschaft so in den Bann, dass sie auch auf der Ebene der Einstellungen und Haltungen Wirkungen erzielt.

Weiterhin raten wir dazu, bei der Suche eher erst einmal wenige Kriterien zu wählen und dabei auf das Hauptanliegen zu achten. Wer zu viele Kriterien wählt, schränkt sich die Auswahl oft sehr schnell und zu stark ein.

Wirkungsvolle Lehr- und Lernarrangements bedürfen eines durchdachten Designs, in dem die verschiedenen methodischen Elemente sinnvoll miteinander kombiniert werden. So ist es fast immer angeraten, Aktionsformen mit unterschiedlichem Aktivierungs- und Konkretisierungsgrad miteinander zu kombinieren: z.B. bedarf Informationsvermittlung mit darbietenden Aktionsformen der Weiterarbeit mit aktivierenden Aktionsformen, die den Teilnehmenden die Verarbeitung der neuen Informationen ermöglichen. Wenn man an dieser Stelle auch einen Sozialformenwechsel vornehmen möchte, so kann man mit Hilfe des Wegweisers z.B. gezielt nach erarbeitenden Aktionsformen für die Lernphase »Integrieren« in der Sozialform »Gruppe« suchen.

Unser Wegweiser kann keine Entscheidungen abnehmen, denn es gibt keine Automatismen bei der Methodenwahl. Aber er kann helfen, bei der Suche nach gelungenen didaktischen Designs zu einer gut begründeten Auswahl von Aktionsformen zu finden.

… und hier finden Sie den kompletten Wegweiser zum Download:

Ein Wegweiser durch den Methoden-Dschungel


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